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Helene Fischer (links) und Antonia.

© Johann Stephanowitz

Junger Helene-Fischer-Groupie: „Fans sind doch alle irgendwie krank“

Wir sind auf einem Hausbesuch bei Antonia, 16 Jahre und verrückt nach Helene Fischer. Das Portrait einer Fanleidenschaft

Die Tür geht auf. Pinke Wände, weiße Möbel, grauer Sessel, ein lila Kronleuchter baumelt von der Decke. Und dann sie: Schlagerstar Helene Fischer. Gerahmt auf dem Schreibtisch, lächelnd im Computer, auf einem Buchcover, Trinkgefäßen, Parfum und einer Packung Haar-Coloration, darüber hängt eine Collage des Schlagerstars. "Da in der Ecke steht noch ein Pappaufsteller in Originalgröße", sagt Antonia begeistert. "Die gab es mal bei Tchibo. Ich bin tatsächlich von Laden zu Laden gerannt, nur um mir sagen zu lassen, dass die Werbe-Figur schon reserviert oder gar nicht mehr da ist." Das Exemplar, das sie nun ihr Eigen nennt, hat sie später auf eBay gefunden. "War nicht ganz billig. Aber die gute Nachricht: Es gab noch ein Poster dazu!", sagt sie und lacht. Sie setzt sich auf ihr Bett und platziert einen flauschigen, weißen Welpen neben sich.

"Ich habe vorher nie Schlager gehört"

Seit zwei Jahren ist die 16-Jährige bereits ein großer Helene-Fischer-Fan. "Ich habe vorher nie Schlager gehört. Auch meine Eltern nicht. Vielleicht lief bei uns mal eines ihrer Konzerte im Fernsehen, aber das habe ich gar nicht richtig realisiert." Erst, als ihre Cousine zu einem von Fischers Liedern heiraten wollte und Antonia durch Zufall eine Karte für eine Konzertliveübertragung geschenkt bekam, fing sie an, sich für diese Musik zu begeistern.

"Ich habe Helene immer mit so einer Andrea Berg assoziiert. Das erste, was ich dann dachte, als ich sie gesehen habe, war: Boah, ist die hübsch!" Es war die tolle Stimmung, die Antonia bei dieser Liveübertragung mitgerissen hat. Heute ist es dieses Alles-ist-gut-Gefühl. "Schlager sind für mich eine heile Welt. Alle sind glücklich, alle sind fröhlich. Bei Helene kommt noch diese total angenehme Stimme dazu." Inzwischen tönen allerdings auch Roland Kaiser, Maite Kelly oder Michelle aus ihrem Handy. "Aber bloß keine Ballermann-Schlager!", stellt sie klar. Helene Fischer bleibt natürlich der Favorit. "Manchmal wäre ich selbst gern wie Helene, allerdings kann ich kein bisschen singen. Sie kann einfach alles machen. Auf Bühnen stehen, Werbungen und Filme drehen – das wäre schon cool!"

Kein Platz mehr im offiziellen Fanclub

Antonia träumt davon, ihrem Idol einmal persönlich zu begegnen. "Ich war mal bei einem Konzert kurz davor, über die Absperrung zu springen und zu den Tourbussen zu rennen, aber dann hab ich’s doch gelassen, weil ich nicht auf der Titelseite von der ‚Bild‘ landen wollte." Seit "Atemlos" sei Helene Fischer unnahbar geworden. "Früher hat sie noch Autogrammstunden gegeben, doch mittlerweile ist die Fangemeinde einfach zu groß." Deshalb gehört Antonia auch nicht zum offiziellen Fanclub. "Da kommt man einfach nicht mehr rein."

Allerdings ist es für Antonia immer ein elektrisierendes Gefühl, wenn sie weiß, dass die Königin des Schlagers gerade in Berlin ist. "Dann versucht man schon, öfter in die Stadt zu fahren, auch, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, sie zu treffen." Besonders überwältigend ist dieses Gefühl bei Konzerten. "Das ist so Herzstillstand! Bei einem Konzert, da saß ich in der vierten Reihe, also sehr nah dran, ich konnte mit meiner Kamera jeden Schweißtropfen sehen, da ist sie mit so einem Vogel über das Publikum geflogen. Und dann war sie für einen kurzen Moment direkt vor mir und ich dachte: Irgendwie habe ich das Gefühl, sie guckt mich gerade an. Eigentlich total unrealistisch bei 25.000 Menschen. Dann habe ich zaghaft, ganz langsam meinen Arm gehoben und halb versucht, zu winken. Und Helene hat einfach mal so gelächelt und zurückgewinkt! Oh mein Gott, da habe ich mich total erschreckt."

Wie eine gute Freundin

Fast genau so euphorisch berichtet Antonia von ihrem Autogramm. "Ich habe Helene irgendwann mal einen Brief geschickt. Nach einem halben Jahr – ­ich habe schon gar nicht mehr daran geglaubt – war dann das Autogramm von ihr in der Post." Wenn Antonia einen Tag mit ihrem Idol verbringen dürfte, würden sie sich bei ihr zu Hause auf die Couch setzen, Kaffee trinken und über Gott und die Welt reden. "Es gibt nicht die eine Frage, die ich Helene stellen würde. Für mich ist sie wie eine Freundin, auch, wenn sie mich überhaupt nicht kennt, was für sie wahrscheinlich etwas gruselig wäre."

Angst, dass Helene Fischer nur ein Markenname ist, hat Antonia nicht. "Ich lese ja immer, wie Helene mit ihren Fans auf der Straße umgeht. Da stand nie etwas von Starallüren. Sie war immer total lieb, auch wenn sie mal kein Foto machen wollte. Nur in Fanfiction-Stories kommt Helene nicht immer so gut rüber. Deshalb habe ich auch aufgehört, sie zu lesen", erzählt sie. Die von Fans ausgedachten Geschichten waren ihr irgendwann zu weit von der Realität entfernt. "Die Geschichten hatten überhaupt nichts mehr mit Helene als Person zu tun. Da stand nur noch der Name und dann kamen so komische Dinge wie, dass sie Zeugin eines Mordes wurde und dann ein Kind entführen musste, weil es den Mord auch gesehen hatte. Fans sind halt alle irgendwie krank", sagt Antonia und lacht. Sie wirkt reflektiert, will ihr "atemloses Fandasein" nicht übertreiben.

Vielleicht doch ein Poster zu viel?

"Ich weiß schon, dass mein Helene-Wahn nicht so ganz normal ist. Manchmal stehe ich in meinem Zimmer, gucke mich um und denke, dass da vielleicht doch das ein oder andere Poster zu viel dran ist", sagt sie. "Meine Freunde fühlen sich teilweise sogar beobachtet von den ganzen Bildern, wenn sie hier übernachten. Jetzt habe ich sie abgenommen."

Daran liegt es also, dass man die Abbilder ihres Idols erst im zweiten Blick erkennt? Vielleicht ebbt die Faszination für Schlager ja wieder ab? "Ja, bestimmt ist das nur eine Teenager-Phase, sowas flacht mit der Zeit immer ab", sagt Antonia. Sie denkt kurz nach, stellt dann aber fest: "In naher Zukunft wird sich da wohl wenig ändern."

Hanna Kroll

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