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Berlin: Justiz bereitet sich auf Vernehmungen über Satellit vor

Es wird ein technischer Quantensprung der Justiz sein: Die Zeugenaussage aus New York über Videokamera und Satellitenleitung direkt in den deutschen Gerichtssaal. Seit kurzem ist das Verfahren gesetzlich möglich, und die Berliner Justiz bereitet sich schon darauf vor.

Es wird ein technischer Quantensprung der Justiz sein: Die Zeugenaussage aus New York über Videokamera und Satellitenleitung direkt in den deutschen Gerichtssaal. Seit kurzem ist das Verfahren gesetzlich möglich, und die Berliner Justiz bereitet sich schon darauf vor. Im Sommer soll der Video-Verhandlungsraum in Moabit so weit aufgerüstet sein, sagt Justizsprecherin Michaela Blume, dass Videokonferenzen auch mit anderen Ländern durchführbar sind.

Der New Yorker Zeuge, so utopisch er angesichts des juristischen Grundsatzes der "persönlichen Vernehmung" in der Verhandlung bisher schien, ist keine Erfindung. Vor dem Bundesgerichtshof hat er vor ein paar Monaten eine zentrale Rolle gespielt. Der BGH hat dabei einer Revision stattgegeben, weil der vom Angeklagten benannte Entlastungszeuge in den USA nicht per Kamera und Mikrofon gehört worden war.

Theoretisch möglich ist das seit Inkrafttreten des Zeugenschutzgesetzes im Jahr 1998. Vor allem Kinder, aber auch gefährdete Zeugen können seitdem vor der Kamera vernommen sowie live im Gerichtsaal in die Verhandlung geschaltet werden. Aber auch ohne das so genannte "Zeugenwohl" darf die Kamera laufen. Der Bundestag wollte den Justizbereich nämlich neuen Kommukationsmitteln öffnen, wie er seinerzeit formulierte, und hat die "Vernehmung an anderem Ort" auch zugelassen, wenn dies "zur Erforschung der Wahrheit erforderlich ist" - eine Bestimmung, die offenbar auch Juristen so wenig geläufig ist, dass der BGH sich im vorigen Jahr veranlasst sah, sie ausführlich zu erläutern.

Es ging um angebliche Kokaingeschäfte in New York. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht bemühten sich vergeblich, den alle Seiten interessierenden New Yorker Zeugen S. zu einer Aussage in Deutschland zu bewegen. Dieser wollte die Reise aber nicht antreten. Schließlich bezeichnete ihn das Gericht als unerreichbar im Sinne der Strafprozessordnung.

Falsch, hat der BGH dazu gesagt. Man hätte den Zeugen nämlich audiovisuell vernehmen können, hieß es in der Revisionsbegründung. Deshalb muss das Landgericht Mannheim nun neu über den Fall entscheiden. Dass auch die Amerikaner dieses Verfahren akzeptieren, haben sie bereits in eigenen Gerichtsentscheidungen klar gemacht. So durften in einem Prozess in Florida bereits Zeugenaussagen aus Argentinien verwertet werden, die über Videokamera und Satellit ins Haus kamen.

Die Europäer wollen das Verfahren ohnehin international verankern. Die Mitgliedstaaten der EG beschäftigen sich bereits mit einem Übereinkommen zur Rechtshilfe in Strafsachen, mit dem die Videokonferenz offiziell eingeführt werden soll. In Berlin ist, wie berichtet, Saal B 129 in Moabit bereits videotechnisch gerüstet - allerdings bisher nur für Vernehmungen und das Abspielen von Bändern. In einigen Monaten sollen auch Videokonferenzen mit auswärtigen Zeugen möglich sein.

Hans Toeppen

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