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© dpa

Justiz: Ein Richter für die Welt

Die Vereinten Nationen berufen Christoph Flügge als zweiten Deutschen ans Haager Tribunal. In Berlin war er über die Medikamentenaffäre in der Justizvollzugsanstalt Moabit gestolpert.

Im Streit hat er den Berliner Justizbetrieb verlassen müssen – jetzt will Christoph Flügge noch mal eine große Aufgabe übernehmen. Und dazu wünscht ihm seine ehemalige Chefin, Justizsenatorin Gisela von der Aue, alles Gute. Sie freue sich, dass Flügge eine wichtige neue Aufgabe übernehme, sagte ihr Sprecher Daniel Abbou.

Der frühere Justizstaatssekretär Christoph Flügge soll Richter am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag werden. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon empfehle den 60-Jährigen auf Vorschlag der Bundesregierung, teilte eine Sprecherin mit. Flügge soll am Haager Tribunal Nachfolger von Wolfgang Schomburg werden, der im November aus dem Amt scheiden wird.

Schomburg war 2001 der erste deutsche Richter am Strafgerichtshof zur Ahndung von Kriegsverbrechen. Der von den Vereinten Nationen eingesetzte Strafgerichtshof hat aktuell über den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic zu urteilen. Flügge wird einer von elf Richtern werden, die neben dem Präsidium und dem Vorsitzenden ständig am Haager Strafgerichtshof arbeiten. Am Strafgerichtshof gibt es vier verschiedene Kammern, vor denen sich Kriegsverbrecher zu rechtfertigen haben.

Die neue Aufgabe dürfte Flügge etwas mit dem unguten Ende seiner Karriere in der Berliner Politik versöhnen. Erst vor gut einem Jahr hatte Justizsenatorin Gisela von der Aue Flügge in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der Anlass war die Medikamentenaffäre in der Justizvollzugsanstalt Moabit, die kurz nach der Wahl 2006 bekannt geworden war. Dort sollen sich Bedienstete jahrelang aus Medikamentenschränken bedient haben. Flügges Frau war damals leitende Anstaltsärztin in Moabit. Der Staatssekretär bestritt stets jede Verwicklung in die Affäre.

Die damals neu ins Amt gekommene Justizsenatorin von der Aue trat mit dem Anspruch an, die Vorwürfe aufzuklären und die Versorgung der Gefangenen mit Medikamenten neu zu organisieren. Dabei geriet sie in Streit mit Flügge und entließ den Mann, von dem es hieß, er habe sich für von der Aue als Nachfolgerin Karin Schuberts eingesetzt. Um die Affäre aufzuklären, wollte von der Aue eine Untersuchungskommission unter der Führung eines Vertrauten berufen. Flügge hingegen plädierte für eine interne Klärung. Wenige Tage später war der Staatssekretär sein Amt los. Noch bei der Verabschiedung in den einstweiligen Ruhestand machte Flügge deutlich, dass er sich schlecht behandelt fühlte.

Der Sozialdemokrat galt bis dahin als wichtigster Mann der Senatsverwaltung für Justiz. Seit 1989 hatte er die Abteilung Strafvollzug geleitet. Als Staatssekretär blieb er von 2001 an für den Strafvollzug zuständig. Dass er selbst 2006 nicht zum Justizsenator berufen wurde, soll an den Frauen in der SPD gelegen haben: Die achten sehr genau auf die Einhaltung der Frauenquote im Senat.

Flügge ist der dritte bekannte Jurist, der aus Berlin zu einer Einrichtung der Vereinten Nationen wechselt. In deren Auftrag hatte der Berliner Oberstaatsanwalt Detlef Mehlis versucht, in Beirut den Mordanschlag auf den libanesischen Regierungschef Rafik Hariri aufzuklären. Auch Schomburg kommt aus Berlin. Tsp

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