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Berlin: Justizsenatorin im Kreuzverhör

Karin Schubert muss derzeit Kritik von allen Seiten einstecken

Die kritischen Stimmen schmetterte Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) resolut ab. Stellte sich während der Ermittlungen gegen Michel Friedman stets vor ihren Generalstaatsanwalt. Und als sich Chef-Ankläger Hansjürgen Karge persönlich beleidigt fühlte, weil ihn der „Zeit-Herausgeber“ als „durchgeknallten Staatsanwalt“ bezichtigt hatte, reichte auch die Justizsenatorin Strafanzeige gegen Michael Naumann ein. Ein Zeichen neuer Einigkeit zwischen Schubert und Karge? Die Justizsprecherin winkt ab. „Es ist selbstverständlich, dass man sich als Vorgesetzte vor seine Mitarbeiter stellt.“

Karin Schubert hat hektische Wochen hinter sich, wieder einmal. Angetreten war sie mit dem Versprechen, die Berliner Justiz zu reformieren. Die hätte es auch bitter nötig, denn der Apparat gilt als hoffnungslos veraltet, riesig und träge. Bislang ist Schubert den großen Reformerfolg schuldig geblieben. Er scheiterte an der Finanzlage der Stadt und Schuberts Fähigkeit, sich im Senat durchzusetzen. Ärger im täglichen Geschäft hat sie dafür nicht zu knapp – mal unverschuldet, mal selbstverschuldet.

Da gab es zunächst einmal die Vorwürfe, dass die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Friedman unangemessen ermittelt habe. Die Kritik, dass der ehemalige Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland von den Anklägern öffentlich hingerichtet worden sei. Schubert widersprach, will von „fehlendem Fingerspitzengefühl“ bis heute nichts hören. Für den justizpolitischen Sprecher der Grünen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er erwarte, dass die Senatorin mit der Staatsanwaltschaft über das künftige Vorgehen in ähnlich gelagerten Fällen diskutiere. „Das war keine angemessene Reaktionsweise“, sagt Volker Ratzmann.

Karin Schubert sieht das anders. Auch, wenn sie gerade jenen Generalsstaatsanwalt immer wieder verteidigt, den sie vergangenen Sommer vom Abgeordnetenhaus abwählen ließ. Der gegen seinen Rausschmiss klagte – und vor Gericht gewann. Diese juristische Niederlage gegen Hansjürgen Karge hängt der Senatorin bis heute nach, vor allem im Abgeordnetenhaus. „Ihr fehlt das Fingerspitzengefühl“, heißt es bei der CDU. „Sie agiert nicht sehr glücklich“, bei der FDP. „Gutmütig, aber politisch ungeschickt“, bei den Grünen.

In Erklärungsnot kam Schubert kürzlich auch, als das Landgericht pünktlich zur Haushaltsdebatte zwei Gewalttäter aus der U-Haft entließ – wegen Überlastung des Gerichts – und Finanzsenator Sarrazin darauf flapsig erklärte, er habe es schon öfter gesehen, dass vor Haushaltsberatungen Mörder laufengelassen werden. Einen Tag später bat Schubert die Präsidenten der für Strafsachen zuständigen Gerichte, eine weitere Schwurgerichtskammer zu bilden. Die Senatorin habe im Rechtsausschuss „wie ein begossener Pudel“ neben Sarrazin gewirkt, sagt Michael Braun (CDU). Dabei stehe die Justiz tatsächlich vor dem Kollaps. „Nur gelingt es Frau Schubert nicht, das in die Öffentlichkeit zu tragen.“ Auch innerhalb des Senats verfüge die Senatorin nicht über die erforderliche Lobby. Die FDP-Fraktion wirft Schubert „mangelnde Durchsetzungskraft“ vor. „Mit der Modernisierung der Justiz sind wir noch gar nicht vorangekommen“, sagt Fraktionschef Martin Lindner. Es sei höchste Zeit, dass den Gerichten endlich Globalbudgets und mehr Autonomie zugestanden werden.

Versöhnlichere Töne hört man aus Justizkreisen. „Sie tut, was sie kann“, sagt Vera Junker von der Vereinigung der Berliner Staatsanwälte. Auch Peter Faust vom Landesverband Deutscher Richterbund nimmt den Willen als Tat: Die Senatorin bemühe sich sehr, die Situation zu verbessern, doch die Sanierung des Unternehmens stoße „immer wieder an die Berliner Grenzen“, sagt Faust. Und meint: Geld.

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