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Berlin: Kalinkas fröhliche Botschaft

Krimsekt und nackte Bauchnabel: Russland lud zum Herbstball ein

Am Eingang steht das Modell eines BMW X5 „Security“. Hinter der schweren, mit goldenen Ährengarben beschlagenen Tür lauern die Bauchnabel der Garderobenmädel, schon perlt der KrimskojeSekt zum Takt der Band, die scharfe Sachen spielt, und noch immer drängt die Schar der tausend Gäste zum Glockenturm in der Empfangshalle mit dem großen Glasbild des Moskauer Kremls. Der Berliner Kreml steht Unter den Linden, ein Palais, das seinesgleichen sucht. An diesem 7. November vor genau 51 Jahren war der prächtige Bau eröffnet worden, danach gab es alle Jahre wieder am Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution einen Empfang, zu dem der sowjetische Botschafter Diplomaten und DDR-Politiker geladen hatte. Die „Linden“ waren abgesperrt, die Limousinen stauten sich, und die Reden langweilten nächsten Tag den Zeitungsleser.

Heute kämpft sich der Botschafter der Russischen Föderation Sergej B. Krylow durch die Menge und begrüßt ein fröhlich gestimmtes Ballpublikum, das sich längst an den Köstlichkeiten vom Gourmet-Catering des Hotel Palace labt. „Heute versammeln sich hier die Menschen, die einen glücklichen Beitrag zum Gedeihen der guten Beziehungen zwischen unseren Völkern leisten“, sagt der Botschafter und erzählt den Politikern, Exporteuren, Unternehmern, Künstlern und Managern, dass der Präsident Putin gerade beschlossen habe, Frau Dr. Andrea von Knoop einen Freundschaftsorden zu verleihen. Die Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Russland nimmt den Beifall dankbar entgegen und lobt die deutsch-russische Zusammenarbeit. Ja, dieser Herbstball im Haus Unter den Linden vertiefe den deutsch-russischen Dialog. Stürmischer Beifall. Und dann startet ras, dwa, tri, mit dem Druck auf einen roten Knopf der erste private russische Sender in Berlin: Radio Russkij sendet aus der Rosenstraße 2 für die 200 000 russischsprachigen Bürger in Berlin.

Während Lenins Büste draußen friert und wahrscheinlich fragt: „Was tun?“, amüsieren sich drinnen die Gäste am Tisch der Spielbank, gucken die Modenschau mit eingeflogenen Mannequins, hören die goldene Stimme Russlands Michail Germann und bejubeln Wodarz’ Pompduck-Show. „Das ist das Gegenteil der alten Sowjetunion: locker, frei, unbeschwert!“ findet Günter Rexrodt von der FDP, „wie in der amerikanischen Botschaft“. Nanu? Haben die auch so einen Ball? Mitten in der Menge steht Rudolf Scharping , findet das ungezwungen schön, und seine adelige Begleiterin hüpft, klatscht und ruft: Kalinka! Kalinka moja!Lo.

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