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Klappt ja. Vattenfall betreibt das Berliner Stromnetz gut und sicher, das geben auch Gegner des Konzerns zu (im Bild: die Berliner Netzleitstelle). Die Firma hofft, auch bei der nächsten Vergabe zum Zug zu kommen.

© picture alliance / dpa

Nach Energie-Volksentscheid in Berlin: Kampf um Stadtwerk und Stromnetz beginnt

Berlins Stromleitungen zu betreiben ist enorm wichtig für Vattenfall, denn es bringt sichere Rendite. Nach dem Volksentscheid geht der Kampf der Bieter weiter – ebenso wie der Streit ums Stadtwerk.

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Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sind sich einig, wenn es um die zukünftige Führung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) geht. Sagt zumindest Cornelia Yzer. Damit ist klar, was schon länger verabredet war: Nußbaum übernimmt wie berichtet nach dem vollständigen Rückkauf der Wasserbetriebe durch das Land den Posten des Aufsichtsratschefs, den bisher Yzer innehat. Dadurch wird Nußbaum für das noch zu gründende landeseigene Stadtwerk zuständig sein, da es als Tochterunternehmen der BWB errichtet werden soll.

Ganz so deutlich konnte Yzer das am Dienstag noch nicht ausdrücken, da Nußbaum als Finanzsenator noch in die Verhandlungen zum Rückkauf involviert ist. Klar sei aber, dass die Fachaufsicht weiter bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft liegen werde, sagte Yzer. Bis zum Personalwechsel im Aufsichtsrat ist es ohnehin an Yzer, den Aufbau des Stadtwerks vorzubereiten. In der nächsten Sitzung des Aufsichtsrats am 27. November sollen die BWB mit der Ausarbeitung eines Wirtschaftsplans beauftragt werden. Dafür würden wahrscheinlich externe Berater hinzugezogen. „So lange es diesen Plan noch nicht gibt, kann ich Überlegungen, das Stadtwerk mit mehr Geld auszustatten, nicht kommentieren“, sagte Yzer.

Der Senat hat im Haushaltsentwurf 1,5 Millionen Euro jährlich im Doppelhaushalt 2014/2015 geplant. SPD, Grüne, Linke und Piraten fordern mehr Geld – nur die CDU nicht. Der SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz will 5,5 Millionen Euro, die Linken 20 Millionen Euro und die Grünen 50 Millionen Euro. Die Piraten wollen so viel Geld, dass es für Personal und Know-how reicht. Die Haushaltsberatungen laufen. Dem Vernehmen nach werden die 1,5 Millionen Euro wohl auf vier bis fünf Millionen aufgestockt. Der Volksentscheid und die Folgen werden auch noch ein parlamentarisches Nachspiel haben: Am Donnerstag werden die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde über das Stadtwerk und die laufenden Konzessionsverfahren für Strom- und Gasnetz debattieren.

Yzer deutete Gesprächsbereitschaft bei der Frage an, ob das Stadtwerk Strom zukaufen darf oder nicht. Bisher sieht das Gesetz vor, dass ausschließlich selbst produzierter Strom aus erneuerbaren Energien vertrieben werden soll. Zumindest in Ausnahmefällen soll der Zukauf möglich sein, sagte Yzer – das Stadtwerk solle aber kein Stromhändler werden. Die CDU-Politikerin betonte außerdem, dass die Bewerbung Berlins um das Stromnetz wie geplant weiterläuft.

Vattenfall kämpft unterdessen nach dem gescheiterten Volksentscheid darum, das Stromnetz möglichst weiter allein zu betreiben. Das „Projekt Metro“, wie der Kampf um die Konzession intern heißt, geht bald in die nächste Phase: Nach Auskunft von Helmar Rendez, Geschäftsführer von Vattenfalls Stromnetz-Tochter, erwartet das Unternehmen noch in diesem Monat den zweiten Verfahrensbrief. In dem fordert die für die Ausschreibung verantwortliche Finanzverwaltung die Bewerber auf, ein Angebot abzugeben.

Für den mit sinkenden Erlösen und schlechtem Image kämpfenden Vattenfall-Konzern ist der Netzbetrieb in Berlin immens wichtig. Zusätzlich zur Instandhaltung stellt Rendez 1,4 Milliarden Euro Investitionen für die nächsten zehn Jahre in Aussicht. Sein Betriebsteil sei der einzige im Unternehmen, dem die Chefetage höhere Investitionen genehmigt habe, berichtet Rendez. Die Gründe: Fünf bis sechs Prozent Rendite seien attraktiv und „die Ratingagenturen lieben Netze“.

Nach Möglichkeit soll die Konzession komplett an den besten Bewerber vergeben werden. Im Rennen sind zwei private Unternehmen und ein kommunales, nämlich Vattenfall, Alliander und der neu gegründete Landesbetrieb Berlin Energie. Sollten mindestens zwei der drei Angebote gleich gut abschneiden – und nur dann –, kommt nach Auskunft von Rendez auch eine öffentlich-private Partnerschaft infrage. Deshalb bewerben sich Vattenfall und Alliander auch um diese Variante. Zusätzlich gibt es für dieses Modell Bewerbungen des Unternehmens Thüga und der Genossenschaft Bürgerenergie Berlin. Der neue Landesbetrieb dagegen hat sich nur für die 100-Prozent-Variante beworben. Bekäme er den Zuschlag, wäre die komplette Rekommunalisierung des Stromnetzes vollbracht. Läuft es auf die Kooperation hinaus, muss das Land sich auf andere Weise daran beteiligen.

Details wie diese werden im nächsten Jahr abgestimmt, wenn die Angebote eingegangen sind und die Verwaltung mit den Bietern die Details verhandelt. Nach dem dritten Verfahrensbrief müssen die Angebote dann in allen Einzelheiten festgezurrt werden. Danach müssen noch Senat und Abgeordnetenhaus der Entscheidung der Finanzverwaltung zustimmen. Eigentlich soll der neue Vertrag im ersten Halbjahr 2014 unter Dach und Fach sein, aber die Finanzverwaltung ist – wie auch bei der Vergabe der Gas-Konzession – in Verzug. Der aktuelle Vertrag mit Vattenfall für den Stromnetzbetrieb läuft Ende 2014 aus, kann aber unkompliziert um zunächst ein Jahr verlängert werden.

Alle Informationen zum Stadtwerk finden Sie auch auf unserer Themenseite

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