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Partyfertig. Im Deutsch-Russischen Museum in Karlshorst wird gefeiert. Foto: dpa

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Kapitulation: Ein Toast auf den Frieden

Das Deutsch-Russische Museum feiert am Sonnabend das Kriegsende 1945 Im Offizierscasino in Karlshorst wurde die Kapitulation unterzeichnet.

„Sa Rodinu!“ haben sie damals mit weißer Farbe auf den T-34-Panzer geschrieben, „fürs Vaterland!“. Das Kriegsgefährt a. D. steht ausgemustert auf einem Sockel links vom Eingang ins Deutsch-Russische Museum in Karlshorst. Hier werden am 8. Mai mit einem Museumsfest der Tag der Befreiung und die deutsche Kapitulation vor 65 Jahren gefeiert. Das wuchtige Gebäude, zwischen 1936 und 1938 als Offizierskasino der Wehrmachts-Pionierschule erbaut, ist ein authentischer Ort: In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945, genau um 0.15 Uhr, unterzeichneten in dem großen holzgetäfelten Saal Generalfeldmarschall Keitel, Admiral von Friedeburg und Generaloberst Stumpff die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Eine Ausstellung mit Fotos der Zeremonie erinnert an das weltgeschichtliche Ereignis. Unter den Fahnen der vier Siegermächte saßen damals Sowjet-Marschall Schukow, Luftmarschall Tedder von den Engländern, US-General Spaatz und Frankreichs General de Lattre de Tassigny. Die Tische mit Wasserkaraffen und Gläsern auf den dunkelgrünen Bezügen stehen so ähnlich wie in der historischen Nacht auf einem gemusterten Teppich, ein Film spult das Ereignis wieder und wieder ab. Am Ende der Zeremonie bat Schukow zum Festbankett. Das endete am Morgen, schreibt der Marschall in seinen Erinnerungen, „mit Liedern und Tänzen. Dabei waren die sowjetischen Generäle einfach nicht zu schlagen. Ich fühlte mich wieder jung und gab einen russischen Volkstanz zum Besten“.

65 Jahre später gibt es am 8. Mai um 22 Uhr beim Museumsfest einen öffentlichen „Toast auf den Frieden“ mit Sekt und anschließender Party mit russischem und britischen Pop und Rock unter dem Motto „London calling“ meets „Goworit Moskwa“.

„Karlowka“ nannten die Russen das größte innerstädtische militärische Sperrgebiet in der DDR. Etwa 8000 Bewohner mussten im Mai 1945 innerhalb von 24 Stunden ihre Häuser im „Dahlem des Ostens“ räumen. Die Rote Armee etablierte hier ihren Führungsstab. Öffentlich war dagegen schon zu DDR-Zeiten das Kapitulationsmuseum. Dokumente vom Beginn und Verlauf des Krieges bis zum Sturm auf die Reichshauptstadt bildeten damals das Gerüst der Schau in 16 Räumen, ergänzt durch ein realistisches Diorama mit der Erstürmung des Reichstags – am 2. Mai 1945 hatte Berlin kapituliert. Das Schlachtengemälde ist noch immer da, viele andere Exponate wurden in den letzten Jahren ergänzt. „Wir sind nicht mehr so waffenstarrend“, sagt Museumsdirektor Jörg Morré, „und erzählen nicht nur den Sieg über den Faschismus, sondern auch wichtige Phasen des deutschen Krieges gegen die Sowjetunion. Die Beweise, dass dies ein geplanter Vernichtungskrieg war, sind eindeutig und vielfältig.“

30 000 Besucher kommen im Jahr nach Karlshorst. In der Schau bieten Dokumente Lesestoff für Stunden. Man kann sich Lili Marleen, russische Kampflieder und „Vorwärts nach Osten!“ mit dem Refrain „Führer befiehl, wir folgen dir“ anhören, die Orden beider Armeen betrachten und die Ausrüstungen der Soldaten, die gegeneinander kämpften – unsere Väter und Großväter. Eins der interessantesten Aussstellungsstücke ist ein dreidimensionales Modell der Berliner Innenstadt mit Häusern und Straßen, das die Rote Armee im März 1945 für den Sturm auf Berlin und die Straßenkämpfe in der Reichshauptstadt anfertigen ließ. Jörg Morré möchte die Ausstellung in den nächsten zwei Jahren schrittweise modernisieren, „medial und grafisch für ein neues Erscheinungsbild überarbeiten“ – das Wichtigste bleibt, wie es ist: Marschall Schukows Arbeitszimmer. Das Grauen des Krieges, seine Folgen für die Welt. Und der Kapitulationssaal, in dem am 8. Mai 1945 Weltgeschichte geschrieben wurde. Lothar Heinke

Deutsch-Russisches Museum Karlshorst, Zwieseler Straße 4, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei.

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