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Karneval: Auch an der Spree könnte es so schön sein

Karnevalisten in Berlin müssen oft ihre Existenzberechtigung verteidigen. Dabei könnten sie selbst auch zu einer größeren Attraktivität der Berliner Umzüge beitragen.

Von Sandra Dassler

Bei dem kleinen autistischen Jungen hatte nichts geholfen. Alles hatten seine Eltern versucht, sogar die Delphin-Therapie. Dann setzten sie ihn auf einen Festwagen des Kölner Rosenmontagszugs. Nach drei Stunden begann das Kind angeblich zu lächeln, nach dem Karnevalsumzug soll es seine ersten Sätze geredet haben.

Die Geschichte vom kleinen Autisten erzählen Karnevalisten gern. Besonders jene, die in der Berliner Diaspora permanent ihre Existenzberechtigung nachweisen müssen. „Hier hat es nie Karneval gegeben“ oder „Das wird von den Bonnern künstlich in die Stadt getragen“ bekommen sie immer wieder zu hören. Stimmt alles. Aber muss man deshalb jeglichen närrischen Frohsinn diffamieren oder gar mit griesgrämig verordneten Lärmkontrollen den Stimmungspegel senken? In Berlin hat es auch anderes vorher nie gegeben – und ist dann doch zur schönen Tradition geworden: vom Karneval der Kulturen bis zum Christopher Street Day.

Allerdings könnten die Berliner Karnevalisten einiges tun, um ihr Hobby attraktiver zu machen: Noch mehr Schulen einbeziehen beispielsweise. Oder den Umzug attraktiver und politisch gestalten. So sah man auch diesmal kaum einen Wagen, der den oder die Berliner Regierenden aufs Korn nahm. Dabei haben sich doch Wowereit oder Sarrazin, aber auch Pflüger und Co. in den letzten zwölf Monaten öfter mal zum Narren gemacht.

Berliner Gassenhauer könnten Wunder bewirken

Da sind die Cottbuser beim größten Umzug Ostdeutschlands schon weiter. Um so ungeschickter, dass dieser zur gleichen Zeit stattfindet wie der Berliner, der ja auch Karnevalisten aus dem Umland anlocken möchte. Warum also nicht Cottbus am Sonntag und Berlin am Montag? Oder umgekehrt. Da würde sich die vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden für den Bau der Wagen noch mehr lohnen. Genau wie die monatelangen Proben der kleinen Tanzmariechen, die gestern trotz Dauerregens ihr Bestes gaben.

Und statt auf dem Kudamm zu singen „Warum ist es am Rhein so schön?“ sollte man Harald Juhnke, Helga Hahnemann und die frechen Berliner Gassenhauer herausholen, die so wunderbar zum Karneval an der Spree passen. Gegen das ursprüngliche Anliegen von Karneval – den grauen Winter zu vertreiben – kann ja nun wirklich niemand etwas haben. Und wenn sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit weiter weigert, das Berliner Prinzenpaar zu empfangen, setzt ihn auf einen der Wagen. Wetten, dass es keine drei Stunden dauert, bevor er zu lächeln beginnt.  

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