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Berlin: Kaum zu glauben: Bei Aldi ist die Bibel kein Bestseller

Discount-Kunden lassen die Heilige Schrift auf dem Wühltisch liegen

In der Aldi-Filiale am Potsdamer Platz liegen zwei Dutzend Bibeln im Grabbelkorb zwischen Spielzeuglastern und Morgenmänteln. Schon kurz nach dem Verkaufsstart am Mittwochmorgen hat jemand ein Toastbrot und das eingeschweißte Herrenhemd mit Krawatte für zwölfneunundneunzig draufgeworfen. Kunden mit funkelndem Blick ziehen vorüber. Die rotbraunen Kunstleder-Einbände fallen nicht in ihr Beuteraster.

Eine Frau bleibt zumindest kurz hängen, schaut aufs Preisschild (11,99 Euro), dreht das oberste Exemplar um, legt es weg, geht weiter. Dann endlich greift jemand zu: ein Mann im Sommeranzug und mit fröhlichem Gesicht nimmt ein Buch und geht direkt Richtung Kasse. Es ist Jan Peukert, 37 Jahre alt. Vor ein paar Tagen ist seiner Frau und ihm aufgefallen, dass sie keine Bibel haben. Als er die Aldi-Werbung sah, ist er also losmarschiert, „denn irgendwie ist das ja ein wichtiges Buch. Außerdem finde ich’s einen guten Gag, eine Aldi-Bibel zu haben.“ 15 Leute stehen vor ihm an der Kasse. Entertainer Harald Schmidt hatte es schon am Vorabend in seiner Show prophezeit: „Was ist der Unterschied zwischen Aldi und der Bibel?“ Antwort: „Bei Aldi kommt die Schlange hinten.“

Für die Kassiererin, seit zwei Stunden auf ihrem Posten, ist Peukert der erste Bibelkäufer. Weitere Zahlen zu Angebot und Absatz sind weder von der Filialleiterin noch beim regionalen Vertriebszentrum zu bekommen. Dafür ist ein Preisvergleich einfach: Bei Hugendubel schräg gegenüber gibt’s auch Bibeln. In der hintersten Ecke zwar, aber in unterschiedlichen Ausgaben sowie für Ungläubige auch mit Ergänzungsband namens „Und die Bibel hat doch Recht.“ Die Verkäuferin gräbt eine Weile in ihrem Gedächtnis, bevor sie sich zur Nachfrage äußert. Dann sagt sie: „Das bewegt sich zwischen einem Exemplar pro Tag und einem pro Woche.“

Beim Preis kann der Fachhandel mithalten, denn eine der Aldi-Version ähnliche Ausgabe mit dunkelrotem Hardcover kostet nur 8,90 Euro. Dafür ist das Papier dünner, und eine vorgedruckte Chronik zum Vermerk von Kindstaufen und Trauerfällen fehlt auch. So bleibt die Entscheidung dem Geschmack überlassen. Wer wirklich sparen will, fährt ohnehin mit dem Koran besser. Der ist gerade für 5,95 im Angebot.

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