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Berlin: Kein Platz für Kicker

Weil es zu wenig Spielstätten gibt, müssen Vereine mitunter Jahre warten. Die Wiese vor dem Reichstag ist wieder ohne Zaun – bleibt aber für Fußballer gesperrt

Chausseestraße, Osloer Straße, Ungarnstraße – der türkische Kiezclub SV Yesilyurt hat eine lange Odyssee hinter sich. Obwohl seine Kicker die besten im Norden Berlins sind, müssen die Fußballer auf der Suche nach einem Trainingsplatz seit Jahren durch den Wedding tingeln – der Bezirk hat zu wenig Sportflächen, um dem Viertligisten eine ständige Spielstätte zu geben. Dem Neuköllner Kreisligist SV Al Kauthar geht es nicht besser. Seine meist libanesischen Kicker suchten erst Zuflucht in Mitte, jetzt spielen sie draußen in Köpenick. „Wir haben in Neukölln und oder Kreuzberg keine Trainingsplätze gefunden“, sagt Präsident Mohammed Iraqi.

Immerhin Yesilyurt und Al Kauthar haben Ausweichplätze gefunden. Andere Vereine müssen Sportarten streichen, weil sie keinen Platz finden. Die Kreuzberger Turngemeinde in Berlin 1848 etwa, einer der größten Vereine der Stadt, kann seit Jahren kein Hockey mehr anbieten. „In den Innenstadtbezirken gibt es Vereine, die seit Jahren auf Nutzungszeiten für ein Großspielfeld warten“, sagt der Sprecher des Landessportbundes Dietmar Bothe. Fußball, Hockey, Rugby – vor allem Clubs, die viel Platz brauchen, haben Schwierigkeiten, ein Spielfeld zu kriegen.

Bekommen sie Spielzeiten, so ist das Grün mitunter in einem miserablen Zustand. Weil die Bezirke sparen müssen, können sie die Kunstrasenbahnen nicht so schnell erneuern wie es nötig wäre, sagt Bothe: „Zwischen den Bahnen bilden sich Risse, die für Kinder lebensgefährlich sind.“ Otto Günther vom Spielausschuss der Berliner Fußballverbandes hält die Versorgung mit Spielflächen für „überall dramatisch“: „Manche Vereine müssen Mannschaften reduzieren, einige können keine Mitglieder mehr aufnehmen.“

Die wenigsten Sportflächen pro Spieler gibt es in Kreuzberg-Friedrichshain. Die Zahl der Vereine steigt, die der Flächen nicht, sagt der Leiter der Sportförderung Knut Fischer: „Wir konnten einige Vereine nicht mit Trainingszeiten versorgen.“ Schlimmer noch: Weil das Bezirksamt wegen Schülermangels einige Schulen in Friedrichshain schließt, werden die Vereine, die dort in Sporthallen trainiert haben, auf der Straße stehen. Die müssen sich um Spielzeiten in anderen Bezirken bemühen. Mit allerdings „geringer Aussicht auf Erfolg“, sagt Fischer.

Zwar wurden gestern die Zäune vor dem Reichstag abgebaut. Doch Entspannung bringt das nicht: Für Kicker bleibt die Wiese gesperrt. Die Spieler des VFB Berlin 1911 dagegen haben die Suche nach einem Platz hinter sich. Sie können auf dem sanierten Platz an der Friedrichshainer Virchowstraße trainieren. Für Punktspiele gehen sie bis auf weiteres auf Reise – weil es bislang keine Umkleide für den Schiri gibt. frh/AG

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