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Berlin: Keine Angst vorm roten Senat

Die Wirtschaft wünscht sich vor allem Stabilität von der neuen Stadtregierung

Berlins Wirtschaft, soweit sie sich am Wahlabend zu Würstchen, Bier und Nudelsalat im Museum für Kommunikation versammelt hat, bleibt gelassen angesichts der möglichen Senatskoalitionen. Stephan Schwarz, der Präsident der Berliner Handwerkskammer, hätte nur ein Ergebnis gefürchtet, das einen Senat ohne ausreichende Mehrheit erzwungen hätte: „Wir brauchen stabile Verhältnisse und verlässliche Rahmenbedingungen“, sagt er. Und ist sich mit Jan Eder, dem Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, einig, dass aus dieser Sicht ein rot-rot-grüner Senat die schlechteste aller Möglichkeiten gewesen wäre. „In einer solchen Koalition wäre es kaum konstruktiv in eine Richtung gegangen, jede Partei würde sich profilieren wollen“, sagt Eder. Vor einer Fortsetzung von Rot-Rot hätten beide keine Angst: „Mit Wirtschaftssenator Wolf von der Linkspartei haben wir nicht die schlechtesten Erfahrungen gemacht“, sagt Schwarz. Seine Erwartungen an den neuen Senat: „Die Sparpolitik ging in die richtige Richtung. Aber jetzt muss Berlins Wirtschaft belebt werden, sie muss Top- und Querschnittsaufgabe für alle Senatsressorts werden.“

Auch von der Basis kommt Lob für Wirtschaftssenator Harald Wolf. „Er hat seine Sache deutlich besser gemacht als Gysi, aber er ist eben in der falschen Partei“, sagt Wolfram Ehrig, Unternehmer in Charlottenburg. Ehrig, dessen Büro- und IT-Unternehmen rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, hätte sich von einer CDU-FDP-Koalition am meisten für die Wirtschaft versprochen. Vorerst wäre ihm ein rot-grüner Senat noch immer lieber als ein rot-roter: „Die PDS bleibt für mich die Nachfolgerin der SED.“

Die kleinen Unternehmen hoffen, dass der künftige Senat ihnen hilft, national und international sichtbarer zu werden. „Ich hoffe, dass sich da etwas verändert“, sagt Michaela Nitschke, deren sieben Köpfe starkes Unternehmen „Safe4Net“ am Stadtrand Berlins Softwarelösungen vor allem für das Gesundheitswesen entwickelt. „Es tut sich viel in der Region, es gibt viele innovative Ansätze, aber sie brauchen auch eine Bühne, damit man sie sieht.“ Das würde nicht einmal viel kosten, schätzt der Bauingenieur Bodo Fuhrmann, dessen Firma GRI mit zehn Mitarbeitern seit 20 Jahren in der Infrastrukturplanung arbeitet. „Eine halbe Million Euro im Jahr, dazu natürlich eigene Mittel, das würde uns schon helfen.“ Auch Fuhrmann wünscht sich „eine Plattform, ein Forum, damit wir uns präsentieren und Aufträge einwerben können“. Kleine und mittlere Unternehmen hätten für die lebenswichtige Selbstdarstellung einfach nicht das Geld. Und in Berlin würden sowieso traditionell Großunternehmen begünstigt. „Da hätte ich mir vom rot-roten Senat schon Veränderungen gewünscht. Leider sind die alten Strukturen geblieben.“

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