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Berlin: Keine Aussage: Beugehaft

Frau schwieg im Prozess gegen Ex-Freund Er soll sie in der Schwangerschaft misshandelt haben

Die Zeugin saß vor der Tür, betreten aber wollte sie den Gerichtssaal nicht. Erst nach einem Gespräch mit dem Vorsitzenden Richter begab sie sich in den Zeugenstand. Doch die Tränen flossen, die Mittzwanzigerin wiederholte gestern immer wieder: „Ich will nicht aussagen.“ Es ging um häusliche Gewalt. Fatma B. soll von ihrem türkischstämmigen Ex-Freund misshandelt worden sein. Er habe die Frau geschlagen und ihr, als sie im dritten Monat schwanger war, gezielt in den Bauch getreten, hieß es in der Anklage.

Das Gericht zeigte sich geduldig mit der Zeugin. Ihr wurde erklärt, dass sie kein Recht habe, die Aussage zu verweigern. Erkan A., ihr mutmaßlicher Peiniger, musste den Saal verlassen. Die Frau aber blieb dabei: „Ich möchte nichts sagen. Ich weiß, was danach passiert.“ Der Richter erklärte ihr, dass sie mit einer Beugehaft rechnen müsse. „Ist mir egal“, schluchzte die Zeugin, die bereits zwei Mal bei der Polizei gegen A. ausgesagt hatte. Weil sie im Prozess „ohne gesetzlichen Grund“ die Aussage verweigerte, verhängte das Amtsgericht neben einem Ordnungsgeld von 200 Euro schließlich auch Beugehaft.

Als die Frau abgeführt wurde, durfte Erkan A. wieder in den Saal. „Ich möchte mich entschuldigen wegen der Unannehmlichkeiten“, sagte der Händler. Doch er bleibe dabei: „Ich habe sie nicht geschlagen oder gewürgt, als sie schwanger war.“ Nach seiner Version soll die Frau bereits drei Monate vor dem angeblichen Übergriff in einer Köpenicker Wohnung „in beidseitiger Absprache“ ein Kind von ihm abgetrieben haben.

Erkan A. und Fatma B. haben sich im September 2004 kennen gelernt. In der Ehe des dreifachen Vaters kriselte es. Seine Geliebte habe aber von Anfang an gewusst, dass er seine Kinder für ein Verhältnis nicht eingetauscht hätte, meinte der Angeklagte. „Frau B. wollte eine feste Beziehung, deshalb gab es Streit“, sagte er. Er habe bei der Auseinandersetzung im Juni letzten Jahres einen Tisch umgeworfen, die Wohnung verwüstet und der Frau „ein paar Schellen“ verpasst, räumte er ein. Mehr sei nicht gewesen.

Häusliche Gewalt soll schon früher von A. ausgegangen sein. Er habe sie geschlagen, sagte seine inzwischen in Scheidung lebende türkische Ehefrau. Erkan A. muss sich auch für einen Angriff auf seine Noch-Ehefrau verantworten. Er soll im Herbst Schüsse auf ein Wohnhaus in Schöneberg abgegeben haben, in dem er sie vermutete. Verletzt wurde niemand. „Er kann damals nicht normal gewesen sein“, sagte seine Noch-Ehefrau. Am nächsten Prozesstag am Montag bekommt die frühere Freundin erneut Gelegenheit, auszusagen und so die Beugehaft zu beenden.

Kerstin Gehrke

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