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Berlin: Keine Gnade für die Friesen!

Am Oststrand an der East-Side-Gallery wird jetzt immer freitags Völkerball gespielt

Der Ball tropft Jörg mit einem lauten Klatsch von der Brust ab, theatralisch geht der Rheinländer in die Knie. Ein Raunen geht durch die Reihen der zuschauenden Szenegänger, die sich mit Flaschenbier in Liegestühlen lümmeln. In letzter Sekunde gelingt es Jörg, das grüne Stück Schaumstoff zu greifen. Sofort holt er zum Gegenschlag aus, der Ball saust auf die Königin der Friesen nieder. Doch die Friesen erweisen sich als zäh. So zäh wie Redbad, ihr Nationalheld, der einst in Holland einfiel: Die Anekdote gibt der Moderator zum Besten.

Seit Freitag wird am Oststrand an der East-Side-Gallery Völkerball gespielt. Zwei Mannschaften mit je sieben Spielern und einem König stehen einander gegenüber und werfen sich mit Schaumstoffbällen ab. Sind alle Spieler einer Mannschaft getroffen, darf der König als Joker ins Feld. Vier Wochen lang treten 16 „Völker“ jeweils freitags zwischen 18 und 22 Uhr gegeneinander an. Die Teams meldeten sich selbst bei den Veranstaltern oder wurden zusammengestellt. Die Siegermannschaft bekommt am Ende eine Strandparty spendiert.

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts galt Völkerball noch als „Kriegsersatzspiel“, den Mannschaften wurden Nationalitäten zugeteilt, und sie schossen sich dann gegenseitig mit Bällen ab. Bis heute ist es beliebter Zeitvertreib in öden Schulsportstunden, wenn auch mit weniger Brisanz verbunden. Am Oststrand steht die Völkerverständigung im Vordergrund, parallel werden landestypische Spezialitäten wie Kölsch und Reibekuchen angeboten. Zudem spielen DJs Musik aus den beteiligten Ländern. „Wir wollen, dass die Völker nach dem Spiel friedlich beim Bier zusammensitzen“, sagt Max Schumacher und lacht. Er hat sich das Spektakel ausgedacht. Völkerball sei international sehr bekannt, wenn auch in einigen Ländern unter wenig schmeichelhaftem Namen: In Brasilien heiße es so viel wie „Friedhof“, in Frankreich „Gefängnisball“.

Die Rheinländer konnten indes die Friesen bezwingen, an den Elsässern scheiterten sie jedoch. „Wir wollen den Cup holen“, sagt Viktor vom Team Elsass selbstbewusst. Er ist Schauspieler und „war schon ganz oft im Elsass“. Das mit den Völkern werde nicht so ernst genommen, sagt Sylke Bluhm vom Veranstaltungsbüro: „Es gibt keine Ausweispflicht.“ Nächsten Freitag spielen Koreaner, Kariben, Holländer und Chinesen. Das Finale ist am 12. September.

Michael Draeke

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