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Berlin: Kiffen erlaubt, aber Hasch bleibt verboten

Rot-Rot lehnt kontrollierte Cannabis-Freigabe ab und setzt dafür auf Prävention und Entkriminalisierung

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Angesichts des steigenden Cannabis- Konsums unter Berliner Jugendlichen fordern Fachleute eine Stärkung der gezielten Präventionsarbeit. „In Berlin dominiert zu sehr die Betreuung der Heroinabhängigen. Man muss sich jetzt stärker um den Cannabis kümmern“, forderte der Leiter des Tiergartener „Therapieladens“, Andreas Gantner. Um das Problem einzudämmen, sei Prävention viel wichtiger als strengere Gesetze. Deshalb wird am heutigen Mittwoch in der Mainzer Straße in Friedrichshain auch die erste Berliner Fachstelle für Suchtprävention eröffnet. „Diese Stelle soll unter anderem ein gesamtstädtisches Präventionskonzept erarbeiten“, sagte die Sprecherin der Senatsgesundheitsverwaltung, Roswitha Steinbrenner. Ein solches Konzept haben Grüne, FDP und CDU schon lange gefordert.

Die rot-rote Drogenpolitik setzt auf Prävention, weitgehende Entkriminalisierung, aber keine Legalisierung, die Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) auch als „sehr problematisch“ einschätzt. Für Präventionsarbeit steht zum Beispiel das Projekt „Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“ (Fred): Fällt ein Jugendlicher mit illegalen Drogen polizeilich auf, werden ihm Beratungsstellen über die Hotline des Drogennotdienstes (Telefon 030-19 237) genannt. Die Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Der Jugendliche kann dort freiwillig und kostenlos an Beratungskursen teilnehmen. Wer in Berlin weniger als zehn Gramm Haschisch nachweislich für den Eigenbedarf besitzt, muss keine Strafverfolgung fürchten. Im Bundesvergleich ist das keine besonders liberale Linie: Die anderen Länder liegen zwischen sechs Gramm (unter anderem Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg), zehn Gramm (Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) und 30 Gramm (Schleswig-Holstein). Bremen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben die erlaubte Eigenbedarfs-Menge nicht festgelegt.

Eine kontrollierte Freigabe wie in den Niederlanden, wo Erwachsene in so genannten „Koffie-Shops“ Cannabis konsumieren können, will Rot-Rot nicht. Auch die CDU lehnt sie entschieden ab. Nur FDP und Grüne wollen in einem Modellversuch in Berlin solche Shops etablieren.

Anders als von Cannabis-Konsumenten gerne behauptet, hat die niederländische Politik nicht zu einem Rückgang des Cannabis-Problems geführt. Dies geht aus dem jüngsten Jahresbericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle hervor. Demnach ist die Zahl der jungen Konsumenten in den Niederlanden sogar noch etwas höher als in Deutschland. Dass das Konzept der „Koffie-Shops“ nicht aufgegangen ist, zeigt auch der Rückgang dieser Einrichtungen: Ihre Zahl ist in den Niederlanden von 1179 im Jahr 1997 auf 782 vor drei Jahren gesunken: „Mit diesen Shops ist das Problem nicht gelöst worden, an andere illegale Drogen heranzukommen“, sagte Monika Wojak, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Senatsgesundheitsverwaltung.

Staatssekretär Hermann Schulte-Sasse hat zurzeit das Amt des Landesdrogenbeauftragten inne: Die langjährige Landesdrogenbeauftragte Elfriede Koller wurde vor kurzem von ihrem Amt entbunden. Die Gesundheitsverwaltung verweist auf eine „personalrechtliche Einzelentscheidung“. Nach Tagesspiegel-Informationen hat diese Entscheidung nichts mit der Kritik von Elfriede Koller an der Drogenpolitik des Senats zu tun: Sie hatte sich unter anderem gegen eine Straffreiheit bei Cannabis-Besitz von unter zehn Gramm gewandt. Frau Koller sei jetzt in der Verwaltung „mit anderen Aufgaben“ betraut, sagte Sprecherin Steinbrenner.

Weiteres im Internet unter http://annualreport.emcdda.eu.int/de/home-de und unter www.therapieladen.de

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