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Berlin: Kinder ohne Zebrastreifen

Die Grundschule am Brandenburger Tor bekam keinen Fußgängerüberweg. Ein neuer wurde 600 Meter weiter angelegt. Weil die Touristen die nahegelegene Ampel nicht benutzen, sagt die Verkehrsbehörde

Drei Jahre schon bitten die Eltern der „Grundschule am Brandenburger Tor“ in der Wilhelmstraße den Senat um einen Zebrastreifen über die Mohrenstraße. „Unsere Kinder trauen sich nicht über die Straße, sie können die Entfernung nicht abschätzen“, sagt die Elternsprecherin Beatrice Mußmann. Aus Sorge um das Leben der Kinder begleiten die Eltern sie jeden Tag zur Schule. Doch Hilfe von der Verkehrsbehörde ist nicht zu erwarten. „An anderen Stellen sind Zebrastreifen wichtiger“, sagt die Sprecherin Petra Rohland .

Zum Beispiel: Vor vier Wochen wurde ein weiterer Übergang auf der Wilhelmstraße fertig gestellt. Zum Erstaunen der Eltern liegt der 600 Meter nördlich der Schule und zwar im Regierungsviertel direkt vor dem ARD-Hauptstadtstudio am Spreeufer. Den Kindern hilft das wenig. „Das ist das Obergemeinste“, ärgert sich die Elternsprecherin der Grundschule. Denn 50 Meter südlich steht bereits eine Ampel. Nach Ansicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nutzen die Touristen diese Ampel aber nicht. Vielmehr überqueren sie die Wilhelmstraße direkt an der Spree. Deswegen sah die Behörde sich gezwungen, den Zebrastreifen zu bauen. „Unsere Abgeordneten können wir dazu erziehen, die Ampel zu benutzen, die Touristen aber nicht“, so die Senatssprecherin für Stadtentwicklung Petra Rohland.

Der neue Zebrastreifen ziert nun die Wilhelmstraße vor dem Hauptstadtstudio, und zwei fünf Meter hohe Masten mit blauen Schildern warnen Autofahrer vor Fußgängern. 50 Meter entfernt steht die Ampel. Dabei schließt die Richtlinie für Anlagen und Ausstattung von Fußgängerüberwegen des Bundesverkehrsministeriums (R-FGÜ 2001) das eigentlich aus: „Fußgängerüberwege dürfen nicht angelegt werden in der Nähe von Lichtzeichenanlagen“. Denn ein Autofahrer, der eine grüne Ampel überquert, rechnet nicht damit, nur wenige Meter entfernt, einen Zebrastreifen vorzufinden. Für die Touristen am Spreeufer könnte das gefährlich werden. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zeigt für die Entscheidung des Senats wenig Verständnis: „Schulwegsicherung muss Vorrang haben“, so der Sprecher Tilo Schütz. Für die Kinder der Grundschule am Brandenburger Tor wird sich so bald nichts ändern. Auch für 2005 plant der Senat dort keinen Zebrastreifen.

Fabian Dittmann

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