zum Hauptinhalt

Berlin: Kinderzuschlag blockiert die Arbeitsagentur

Weil die neue Sozialleistung so kompliziert zu berechnen ist, bleiben andere Anträge liegen

Sie haben beantragt, gewartet, nachgefragt, wurden vertröstet und falsch verbunden, dann informiert, dass ihr Antrag gar nicht eingegangen sei, sie beantragten erneut – und warten immer noch: Wer im Einzugsbereich der Arbeitsagentur Süd Kindergeld beziehen möchte, braucht starke Nerven. Eine TagesspiegelLeserin wartet seit März auf Zahlungen, eine andere seit sechs Monaten.

Grund dafür ist eine neue Sozialleistung, die es seit 2005 gibt: der Kinderzuschlag. Der ist gedacht für Eltern, die zwar sich selbst, nicht aber ihre Kinder ernähren können. Anfangs hatte es trotz großer Werbekampagnen des Bundesfamilienministeriums kaum Nachfrage gegeben – im März bezogen gerade 54 Familien den neuen Zuschlag. Das hat sich geändert: Inzwischen stapeln sich die Briefe. 3500 Anträge auf Kinderzuschlag seien inzwischen eingegangen, sagt Uwe Mählmann, Sprecher der Arbeitsagentur Süd. Deren Bearbeitung verschlingt viel Zeit. Wie kompliziert es ist herauszufinden, ob jemandem der Zuschlag zusteht, zeigt die Ablehnungquote: Bis zu 90 Prozent der Anträge würden abgelehnt, sagt Mählmann – und nennt zwei Gründe: „Entweder die Familien verdienen zu viel oder sie verdienen zu wenig.“ Im zweiten Fall müssten sie andere Leistungen als den Kinderzuschlag beziehen, etwa ergänzende Sozialhilfe.

Kindergeldanträge brauchen in Berlin-Süd rund drei Monate, sagt Mählmann. Das geht in Mitte schneller: Bei Anträgen für Neugeborene dauert die Bearbeitung etwa eine Woche, heißt es. Die Aussichten auf Kinderzuschlag sind dagegen ebenso gering wie in Süd: 75 bis 80 Prozent der Antragsteller gehen leer aus. Ein ähnliches Bild auch im Bereich der Arbeitsagentur Nord: Von 3500 Anträgen sei jeder zehnte bewilligt worden.

Auf ihr Geld warten mussten in vielen Fällen auch die Empfänger von Arbeitslosengeld II. Denn nach einem halben Jahr musste das Geld erneut in den Job-Centern beantragt werden, da die Leistung laut Gesetz nur für sechs Monate gewährt wird. Von dem Bewilligungszeitraum kann lediglich um einen Monat abgewichen werden, um das Antragsaufkommen zu entzerren. 12 000 der Folgeanträge konnten die Job-Center nicht rechtzeitig bearbeiten. Allein Ende Juni wurden 133 000 Anträge gestellt. „Es muss aber niemand ohne Geld dastehen“, sagt Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion für Arbeit. Für solche Fälle stünden in allen Job-Centern Geldautomaten für Barauszahlungen bereit. In Berlin erhalten rund 382 000 Menschen Arbeitslosengeld II. Nach Möllers Angaben sind die Job-Center dabei, die Anträge zügig zu bearbeiten. In den Job-Centern in Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau, Reinickendorf und Pankow hat man es inzwischen geschafft, die Rückstände vom vergangenen Monat abzuarbeiten. Nicht immer aber liegt es an der Behörde, wenn Geld nicht pünktlich gezahlt werden kann. In Spandau beispielsweise hat man die Erfahrung gemacht, dass gerade jugendliche Erwerbslose ihre Anträge nicht rechtzeitig zurückschicken. ari/sik

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false