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Berlin: Kippenfrei und Spaß dabei?

Das Rauchverbot soll ausdrücklich auch für Diskotheken gelten Berlins Clubbetreiber rätseln derzeit noch, wie sie damit umgehen sollen

Rauchschwaden wabern und hüllen das Nichtraucherschild an der Tür ein. Bis hierher und nicht weiter darf die Zigarette noch angesteckt werden. Hinter der Tür lesen die Surfpoeten wie jeden Mittwoch im Mudd Club. Ohne Rauch lässt es sich besser lesen, deswegen bleibt seit August 2006 bei ihren Veranstaltungen die Kippe aus. „Am Anfang waren die Widerstände größer. Ob das ernst gemeint sei, wurden wir gefragt“, sagt Sarah, die seit sieben Jahren für die Surfpoeten kassiert. Jetzt sähen die Leute das Rauchverbot aber positiv.

Noch warten die Clubbetreiber in Berlin eher ab, in ihren Räumen das Rauchen umfassend zu verbieten. Die Ministerpräsidenten der Länder haben zwar ein Rauchverbot beschlossen, doch wann das kommt, ist noch offen. Solange nichts spruchreif ist, sehen die Partymacher auch keinen Anlass zu handeln. „Ich lass das erst mal auf mich zukommen“, meint zum Beispiel Norbert Jackschenkies vom Privatclub in Kreuzberg. Dort gibt es einen kleinen überdachten Innenhof, obwohl der Club im Keller des Weltrestaurant Markthalle angesiedelt ist. Jackschenkies hofft darauf, dass er seine Gäste wenigstens dort rauchen lassen darf. Und nicht nur er fühlt sich unsicher, was auf ihn zukommt. „Es ist im Moment ein Hin und Her, was erlaubt wird und was nicht“, sagt Partyveranstalter Bob Young. Manche ergreifen da selbst die Initiative. Neben dem Mudd Club hat zum Beispiel der Amadeus-Club am Potsdamer Platz einen rauchfreien Sonntag.

Bis das gesetzlich sieben Tage die Woche in jeder Disko vorgeschrieben ist, wird noch einige Zeit vergehen. Im Moment arbeiten die Senatsverwaltungen an entsprechenden Entwürfen. Zwei Beratungsrunden sind angesetzt, danach wird die Senatsverwaltung für Justiz auf das ausgearbeitete Papier gucken. Umgesetzt wird es nicht vor Ende des Jahres. „Für Berlin ist ein relativ striktes Rauchverbot geplant“, kündigt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit an. Und: „Für Diskotheken sind keine Ausnahmeregelungen geplant.“

Eine Lösung wie im Mudd Club, wo im Nebenraum geraucht werden darf, wäre demnach ausgeschlossen. Zumal dieser Raum auf dem Weg zum Ausgang und zu den Toilette durchquert werden muss. Der Zigarettenautomat sorgt für ständigen Nachschub. Und auch im rauchfreien Diskoraum beschert tiefes Durchatmen keine Sauerstoffdusche. So findet ein Gast, der sich selbst als Partyraucher bezeichnet: „Du stinkst nach einem Clubbesuch eh. Und die Luft wird auch ohne Rauch dick sein.“

Auch wenn sie sich mehr Flexibilität wünschen würden, machen die Clubbesitzer gute Miene zum bösen Spiel. Beim „Q-Dorf“ sieht Betreiber Stefan Kutz eine „Qualitätsverbesserung der Luft“ kommen. Trotzdem geht er von Umsatzeinbußen aus. Die Tanzwütigen werden vielleicht nicht mehr so lange in der Disko bleiben wie sonst, lautet die Befürchtung. Andere weisen dagegen auf die Erfahrungen in Amerika oder Irland hin, wo sich nach kurzer Zeit das Nachtleben normalisiert hat. So ist auch Bob Young, gebürtiger US-Amerikaner, überzeugt: „Die Party geht weiter.“

Matthias Jekosch

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