zum Hauptinhalt

Berlin: Kirche enttäuscht ihre Helfer Eine Initiative will ein evangelisches Jugendheim retten. Jetzt steht das Projekt auf der Kippe

Storkow - „Da sieht man mal, wie die Kirche mit Ehrenamtlichen umgeht!“, schimpft Hans-Christian Maaß und kann sich gar nicht mehr beruhigen.

Storkow - „Da sieht man mal, wie die Kirche mit Ehrenamtlichen umgeht!“, schimpft Hans-Christian Maaß und kann sich gar nicht mehr beruhigen. Maaß ist Fachbereichsleiter des Mautkonsortiums Toll Collect und hatte in den vergangenen Monaten viel zu tun. Nebenbei versuchte er der Evangelischen Kirche zu helfen, ehrenamtlich. Doch „die Art und Weise, wie wir Ehrenamtlichen von der Kirche ausgebremst werden, ist unwürdig“, sagt Maaß. Die Kirchenleitung lasse Professionalität, Weitblick und Verantwortung vermissen. Landesbischof Wolfgang Huber habe „jämmerlich“ reagiert.

Zusammen mit seinen Jugendfreunden Dietmar Löwendorf und Stefan Dachsel will Hans-Christian Maaß das 80 Jahre alte Jugendheim Hirschluch in der Nähe von Storkow retten. Die Anlage mit sieben Gästehäusern liegt 50 Kilometer südöstlich von Berlin auf einem 25 Hektar großen Gelände zwischen märkischen Kiefern und Seen. „Ich kenne Hirschluch schon seit 50 Jahren“, sagt Maaß’ Freund Löwendorf. Er war als Jugendlicher selbst dort und schon damals begeistert.

Bei der Kirche aber hat sich die Begeisterung gelegt. Gutachten, zuletzt eines der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers, ergaben, dass sich die Anlage mit kirchlichen Jugendgruppen, von denen man nur wenig Miete nehmen kann, nicht wirtschaftlich betreiben lasse. Vergangenen April beschloss die Kirche, Hirschluch aufzugeben.

Maaß, Löwendorf und Dachsel gründeten daraufhin die „Initiative Hirschluch“. Ein halbes Jahr bräuchten sie, um ein wirtschaftlich tragbares Konzept zu entwickeln und aus dem Jugendheim eine Bildungsstätte in freier Trägerschaft zu machen. Die Kirchenleitung willigte ein, das Heim nicht zu schließen, wenn der Plan aufgehe. Stefan Dachsel wurde für das halbe Jahr zum Heimleiter ernannt. „Wir kriegten die Schlüssel und legten los, voller Pioniergeist“, sagt Dachsel. Sie knüpften Kontakte, trafen Geldgeber, Maaß reiste nach Bonn und Brüssel, um Fördergelder aufzutun.

Bis Ende Oktober ließ sich die Sache gut an: Die Stadt Storkow, vier Kirchenkreise, die Naturschutz- und die Landjugend, die Feuerwehr und die Lebensrettungsgesellschaft wollten dem Trägerverein beitreten. Doch kurz vor dessen Gründung stellte sich heraus, dass der Freundeskreis und die Kirche unterschiedliche Vorstellungen über die Eigentumsrechte hatten. „Wenn wir Spenden für Investitionen an den Gebäuden eintreiben wollen, können wir nicht bloß Mieter sein“, sagt Maaß. Er hatte angenommen, dass die Kirche dem Verein das Gelände übertragen würde.

Das aber wollte der kirchliche Haushaltsausschuss nicht genehmigen. Dessen Vorsitzende Petra Gothe begründet dies mit der Furcht, das Grundstück könne überschuldet an die Kirche zurückfallen, wenn der Verein scheitern sollte. Von der Ablehnung des Haushaltsausschusses erfuhren Maaß und seine Mitstreiter erst kurz vor Jahresende – nachdem ihnen schon Entwürfe für einen Erbbauvertrag zugemailt worden waren. Ende Dezember lief dann auch Dachsels Heimleiter-Vertrag aus; einer Verlängerung stimmte die Kirchenleitung nicht zu, da die Frist von einem halbem Jahr, die sie den Freunden gegeben hatte, abgelaufen war. Die drei gaben die Schlüssel für Hirschluch zurück.

„Wir haben der Kirche ein Dreivierteljahr unsere Dienste zur Verfügung gestellt, und kurz vor dem glücklichen Ende entzieht man uns die Grundlagen“, sagt Maaß. Bischof Huber habe ihm gesagt, er könne nichts zur Beschleunigung der Angelegenheit tun und auf die Kirchenleitung verwiesen. „Dort, wo Engagement in Verträge gegossen wird, muss man eben sorgfältig prüfen“, sagt Hubers Sprecher Markus Bräuer. Durch die zeitliche Verzögerung seien auch die Fördergelder für 2005 „versenkt“, sagt Dachsel. Der neue Trägerverein könne sie frühestens im April beantragen, wenn die Synode, das höchste Gremium der Landeskirche, über das Erbbaurecht entscheiden und den Haushaltsausschuss überstimmen könnte. Die Synode tagt zwar auch am morgigen Sonnabend. Aber außerplanmäßig, und nur, um einen neuen Propst zu wählen. Unmöglich, Hirschluch kurzfristig auf die Tagungsordnung zu setzen, heißt es im Synodenbüro. Das verstoße gegen die Geschäftsordnung. Daran könne auch Bischof Huber nichts ändern. Maaß aber könnte sich deutlich mehr Engagement des Bischofs vorstellen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false