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Berlin: Kirche verkauft Kita – und die Kinder müssen raus

Tempelhofer Gemeinde braucht Geld, die Tagesstätte steht vor dem Aus. Die Pfarrerin sagt: „Es tut mir so leid“. Nun hoffen die Eltern auf Hilfe des Bezirks.

In Berlin mangelt es an Kita-Plätzen. In Tempelhof werden vermutlich bald weitere 108 Plätze wegfallen.

Die finanziell klamme evangelische Kirchengemeinde Alt-Tempelhof kann sich die Gemeinde-Kita nicht mehr leisten und muss sich von Immobilien trennen. Die Gebäude verursachen nach Auskunft des Gemeindekirchenrates jährlich ein Defizit von 80 000 Euro, das die finanziellen Rücklagen so gut wie aufgebraucht hat. Da sich weder die mittelalterliche Dorfkirche noch das 900 Quadratmeter große, denkmalgeschützte Gemeindehaus verkaufen lassen, soll nun das Grundstück Albrechtstraße 105/106 mitsamt dem darauf stehenden Kita-Gebäude veräußert werden.

Versuche sind gescheitert, einen Käufer für das Grundstück zu finden, der in einen Neubau auch die Kita integriert. Zuletzt sagten die Johanniter ab mit dem Hinweis, die Kita zu betreiben würde ein jährliches Defizit von 76 000 Euro verursachen. Der Gemeindekirchenrat hat nun beschlossen, das Grundstück zu verkaufen, ohne dass ein potenzieller Käufer zusichern muss, die Kita zu übernehmen. Nach Auskunft der Pfarrerin gibt es mehrere Interessenten für das Grundstück.

„Es tut mir so leid um die Kinder, meine Tochter ist auch in die Kita gegangen, aber was sollen wir tun?“, fragt Pfarrerin Julia Guth. „Eine Kita, in der die Erzieherinnen anständige Gehälter bekommen, können Sie nicht wirtschaftlich betreiben.“ Der Zuschuss des Landes pro Kind sei zu gering. Dass das so ist, sei ein Politikum, heißt es beim Gemeindekirchenrat. Das Problem könne aber die Gemeinde nicht lösen.

Bis Ende März prüft ein Projektentwickler, ob die Kita ins Gemeindehaus umziehen kann. Dort soll aber auch die Jugendsozialarbeit untergebracht werden, die wie die Kita ihr Haus auf dem zum Verkauf stehenden Grundstück hat, ebenso die Seniorenarbeit. Auch ist fraglich, ob sich die baulichen Auflagen für eine Kita mit dem Denkmalschutz vereinbaren lassen, sagt Pfarrerin Guth. Die Leidtragenden, so viel ist klar, sind die Eltern der 108 Kinder. Schon jetzt werden freie Plätze nicht nachbesetzt, es sei denn mit Geschwisterkindern. „Wir haben nur vier Wochen Kündigungsschutz“, sagt Elternvertreterin Natália Rózsa. „Einige Eltern versuchen seit Wochen, einen Platz in einer anderen Kita zu finden. Aber wir finden nichts.“ Die Kirchengemeinde tue, was sie könne, allerdings hätte man sich gewünscht, man wäre früher voll ins Bild gesetzt worden.

Die Eltern richten ihre Hoffnung nun auf das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. Sie haben ihre Fragen in der Bezirksverordnetenversammlung vorgetragen: Ob der Bezirk die Kita abkaufen oder ihnen andere leerstehende Räume geben könne? „Wir tun alles, was wir können, aber ich habe wenig Hoffnung“, sagt Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD). Der Bezirk habe weder Geld, um die Kita zu übernehmen, noch könne er über leere Gebäude verfügen. Dafür sei der Liegenschaftsfonds des Landes zuständig. Momentan aber ist Schworck vor allem eins: sauer auf die Kirchengemeinde, die ihm das Problem eingebrockt hat. Er wirft der Gemeinde vor, dass sie nicht früher gemeinsam mit ihm nach einer Lösung gesucht hat. „Und warum hat man die Anzahl der Kitaplätze nicht sukzessive reduziert, um die Kita geordnet schließen zu können?“, sagt Schworck. Er werde die Eltern nicht hängen lassen. Sollte die Kita geschlossen werden, werde man in anderen Einrichtungen Plätze suchen.

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