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Berlin: Kirchenstörer außer Kontrolle

Sicherheitsmängel beim Einheitsgottesdienst im Erfurter Dom. Berliner Querulant schlug erneut zu

Die Berliner Kirchenstörer Andreas Roy und Christian Arnold konzentrieren sich jetzt auf Veranstaltungen mit Millionenpublikum: Am Sonnabend randalierte Roy (45) in der vom ZDF übertragenen Sendung „Wetten, dass..?“, am Sonntag störte Arnold (29) die zentrale Gottesdienstfeier zum Tag der Deutschen Einheit in Erfurt. Eine peinliche Sicherheitspanne: Denn nur geladene Gäste sollten nach sorgfältiger Kontrolle den Dom betreten dürfen. An dem Gottesdienst nahmen Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse teil. Doch Arnold hatte sich bereits am Samstag im Dom versteckt. Auf der Empore des Altars überstand er auch eine morgendliche Kontrolle. „Da der eingesetzte Hund nur auf Sprengstoff reagiert, wurde Arnold nicht bemerkt“, sagt Manfred Etzel von der Erfurter Polizei.

Als Vertreterin Berlins saß Bürgermeisterin Karin Schubert im Publikum: „Das hat mich sehr betroffen gemacht“, sagt die Justizsenatorin. Auch ihr sind die beiden Querulanten bestens bekannt: Seit knapp vier Jahren stören Roy und Arnold vor allem in Berlin regelmäßig Gottesdienste oder Trauerfeiern. Einmal haben sie aus Protest gegen die Kirche den Weihnachtsbaum am Breitscheidplatz gekappt, ein anderes Mal kippten sie einen Eimer rote Farbe in den Brunnen am Lustgarten. In Berlin sind Roy und Arnold bislang mit Bewährungsstrafen davongekommen. Vor zehn Tagen sind die beiden aber vom Landgericht Mainz zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein Haftantritt scheint unvermeidlich, ist derzeit aber nicht absehbar. „Wir haben gegen das Mainzer Urteil Revision eingelegt“, sagt Roy. Bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts bleiben sie auf freiem Fuß. Das kann dauern. Derweil sind in Berlin noch diverse Verfahren offen. Wegen seines „Wetten, dass..?“–Auftritts und einer anschließenden Rangelei wurde Roy gestern wegen Hausfriedensbruchs und Körperverletzung angezeigt. Jetzt scheint auch die Geduld der Justizsenatorin zu Ende zu sein: „Ich bin zuversichtlich, dass der Rechtsstaat diesem Verhalten Grenzen setzen wird“, sagt Schubert.

Darauf warten die Kirchen in Berlin schon lange: Der evangelische Bischof Huber wird zu jedem Auftritt von Zivilpolizisten begleitet, die Sicherheitsleute haben Fotos von Arnold und Roy in der Tasche. Dass man die Störer nicht stoppen kann, ist für Kirchenmänner unverständlich. „Die Kirche hat bei der Justiz offenbar keinen guten Stand“, sagt Domprediger Friedrich-Wilhelm Hünerbein. Die Polizei sei erst aktiv geworden, als Roy und Arnold staatliche Veranstaltungen gestört hätten, die Störungen der Gottesdienste hätten sie nicht interessiert. Theodor Clemens, Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine und Vorsitzender des Ökumenischen Rates in Berlin sagt: „Dass die beiden immer noch auf freiem Fuß sind, zeigt, wie inkonsequent die Justiz ist.“

Der Ruf der Störer hat sich auch bis nach Erfurt herumgesprochen. „Wir haben vorher schon darauf geachtet, ob die beiden hier auftauchen“, sagt der Erfurter Polizeisprecher. Ohne Erfolg. Während der Predigt sprang Arnold dann auf und rief Bibelzitate, bis er nach etwa zwei Minuten von Ordnern aus dem Mariendom gezerrt werden konnte. Gegen Arnold wurde erneut Anzeige erstattet, bis zum Abend saß er in Erfurt fest.

Auch die Berliner Polizei versucht seit Monaten, das Treiben zu unterbinden: Gegen ein Platzverbot in der Innenstadt hat Roy allerdings erfolgreich Widerspruch eingelegt. Beim Jesus-Tag hatte man die Querulanten für einen Tag in Gewahrsam genommen. Für jeden geplanten Fernsehgottesdienst komme ein solcher Eingriff aber nicht in Betracht, heißt es bei der Polizei. „Es muss immer das geringfügigste Mittel angewendet werden.“ Und das heißt: Vor der Kirche müssten die Ordner Roy und Arnold am Eintritt hindern.

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