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Zeit ist Geld. Das gilt auch für die Kitabetreuung, die das Land Berlin im vergangenen Jahr 840 Millionen Euro kostete. 2011 werden es knapp 130 Millionen mehr sein.

© ddp

Kitagebühren: Nußbaum will mehr Kontrolle - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren sollten die Betreuungszeiten genauer überprüft werden. Die Bezirke fürchteten Mehrbelastungen. Was Sigrid Kneist darüber schrieb.

Durch die Befreiung von den Kitagebühren werden zwar Berliner Eltern finanziell entlastet, das Land muss aber für die Kosten aufkommen. Aus diesem Grund will Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) kontrollieren, ob die von den bezirklichen Jugendämtern bewilligten und damit von der öffentlichen Hand bezahlten Betreuungsstunden in den Kindertagessstätten wirklich in Anspruch genommen werden. Im vergangenen Jahr gab der Senat rund 840 Millionen Euro für die Kitabetreuung aus, im kommenden Jahr, wenn die Betreuung der Drei- bis Sechsjährigen komplett beitragsfrei sein wird, werden es 978 Millionen Euro sein.

„Es geht nicht darum, dass wir an der Kitabetreuung sparen wollen“, sagt der Sprecher der Finanzverwaltung, Daniel Abbou. Vielmehr fehle die Transparenz. Der Bedarf ist unterteilt nach einer Betreuung bis zu fünf, sieben, neun und mehr als neun Stunden. Überprüfen will der Finanzsenator Betreuungszeiten, die den künftigen gesetzlichen Rechtsanspruch von sieben Stunden überschreiten. Bezirke, die 2011 mehr Kindern als 2009 längere Betreuungszeiten bewilligen, sollen in diesen Fällen mit 25 Prozent an den Kosten für die weiteren Stunden beteiligt werden.

Hintergrund der Überlegung ist wohl auch, dass Eltern durch die Kostenbefreiung mehr Stunden beantragen könnten, als sie tatsächlich brauchen. Reinickendorfs Jugendstadtrat Peter Senftleben (SPD) kennt dieses Phänomen bereits, dass Eltern beim Bezirksamt eine längere Betreuung als benötigt beantragen, weil die Kita eines freien Trägers ihr Kind nur nehmen will, wenn es einen Ganztagsplatzanspruch hat. Denn Kitas können so ihren Erzieherschlüssel verbessern. Wenn Eltern dann in der Kita daraufhinwiesen, dass sie die Zeit gar nicht brauchen, „sagt man ihnen, dann holen Sie ihr Kind einfach früher ab“, sagt Senftleben. In solchen Fällen müsse das Jugendamt die Mehrstunden ablehnen.

Die Jugendstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), ist allerdings empört über Nußbaums Pläne. „Den Bezirken zu unterstellen, sie würden mehr genehmigen als tatsächlich benötigt wird, ist starker Tobak. Eine kinder- und familienfreundliche Stadt gibt es nicht zum Nulltarif“, sagt Herrmann. In ihrem Bezirk haben 60 Prozent der Kinder einen Betreuungsanspruch von bis zu neun Stunden.

Herrmann wirft dem Finanzsenator vor, jetzt die Kita-Mehrkosten wegen Beitragsfreiheit und Verbesserung des Erzieherschlüssels auf die Bezirke abwälzen zu wollen. In einer Beispielrechnung für 2009 haben Finanzexperten der Bezirke ausgerechnet, dass sie nach Nußbaums Vorstellungen dann 13,5 Millionen Euro hätten mehr zahlen müssen. Die Finanzverwaltung weist diese Zahl als weit überzogen zurück. Denn pro Kind und Monat müssten die Bezirke bei einer Betreuung von bis zu neun Stunden lediglich 15 Euro zahlen, 30 Euro bei bis zu zwölf Stunden.

Der Geschäftsführer des Kita-Eigenbetriebs Nordwest (Spandau, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf), Detlev Nagi, kennt es aus der Praxis nicht, dass Kindern ein höherer Bedarf zugestanden wird, als sie brauchen: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Eltern klagten oft darüber, dass sie mit den Zeiten kaum auskämen. Auch Jürgen Schwochow vom Diakonischen Werk geht nicht davon aus, dass Kitagutscheine nicht dem Bedarf entsprechend eingesetzt werden.

Überrascht von Nußbaums Idee zeigte sich auch die jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sandra Scheeres: „Das ist mit uns nicht abgesprochen.“

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

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