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© Thilo Rückeis

Kitas: Spielzimmer in der Parteizentrale

Weil die städtischen Kitas wegen Streiks geschlossen sind, hat die FDP-Bundesgeschäftsstelle ihren großen Konferenzsaal zu einer Ersatzkita umfunktioniert. Viele Eltern haben sich aber anders arrangiert.

Der grüne Drache schlängelt sich auf dem Teppich. Er blickt in Richtung Konferenztisch, auf dem Malsachen herumliegen. Verstreute Bauklötze bilden ein buntes Muster. Es ist Dienstagvormittag in der Bundesgeschäftsstelle der FDP an der Reinhardtstraße in Mitte. Weil die Erzieherinnen in den städtischen Kindertagesstätten und Schulhorten streiken, hat die Partei den großen Konferenzsaal zur Ersatzkita umfunktioniert und zwei Mitarbeiter der Firma „Gummibärchencrew“ als Betreuer engagiert. Mieke Senftleben, Berliner FDP-Bildungpolitikerin und „Schirmherrin“ der Ersatzkita steht neben der Tür und sagt: „Der Streik darf nicht auf dem Rücken der Eltern und Kinder ausgetragen werden.“ Sie halte Streik im Fall der Kitas nicht für „ein geeignetes Mittel“. Die Erzieherinnen sollten sich doch lieber mit dem Senat zu Gesprächen an einen Tisch setzen.

Den Kontakt zum Senat halten wollen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eigentlich und Sondierungsgespräche führen. Aber das von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vorgelegte Angebot von zwei Einmalzahlungen von insgesamt 450 Euro halten sie für nicht verhandlungswürdig. Das entschied gestern die gemeinsame Tarifkommission der Gewerkschaften. Gleichzeitig setzen Verdi, die Bildungsgewerkschaft GEW und die Polizeigewerkschaft GdP weiter auf Arbeitskampf: Objektschützer und Polizisten in den Gefangenensammelstellen sind im Ausstand; dazu seit Montag auch Mitarbeiter in den Bußgeldstellen sowie Beschäftigte in den Werkstätten der Feuerwehr, ab heute die Mitarbeiter in den Bibliotheken. Und eben auch die Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen in den Kitas und den Schulhorten. GEW und Verdi sind zufrieden: Bis zu 5000 Kita- und Hortbeschäftigte streiken ihren Angaben zufolge. Am Vormittag folgen sie dem Aufruf der Gewerkschaft zum „Trauermarsch“, der die Streikenden vom Adenauerplatz zum Breitscheidplatz führt.

Dort ist Gabi Schöder gerade angekommen. „Es ist heute sicher ein harter Tag für manche arbeitende Eltern, aber wir müssen zeigen, dass es so nicht weiter geht“, sagt die Kitaleiterin aus Kreuzberg. Es wolle ja niemand ernsthaft mit den Erzieherinnen verhandeln. „Wir müssen immer mehr leisten und bekommen dafür weniger Geld als in allen anderen Bundesländern.“ Mit ihren Kolleginnen probt sie schon mal für die heutige Demonstration zum Roten Rathaus: „Wir sind kampfbereit“, singen sie.

Die meisten Eltern scheinen sich für die Streiktage arrangiert und alternative Unterbringungen für ihre Kinder gefunden zu haben. „Wir hatten bis Mittag keine Beschwerden“, sagt Detlev Nagi, Geschäftsführer des Kita-Eigenbetriebs Nordwest (Spandau, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf), auch wenn 17 der 63 Kitas geschlossen sind. Bei anderen Kitabetrieben sieht es ähnlich aus. „Es ist alles ruhig“, sagt Nagis Kollegin Karin Scheurich, verantwortlich für die städtischen Kitas in Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg. Dort sind sieben der 77 Einrichtungen geschlossen.

Vielleicht ist dies auch der Grund, warum nur zwei Kinder in die Ersatzkita bei der FDP gekommen sind: der zweijährige Jamal und die fünfjährige Dorothee. Dem Mädchen gefällt es zwar, mit dem Betreuer Jörg von der Gummibärchencrew herumzutoben. Sonst spielt sie in ihrer Kita mit ihren fünf Freunden, „das macht mehr Spaß“. Ein Vater habe seinen Sohn gleich wieder mitgenommen, als er sah, wie wenig Kinder da waren, sagt Betreuer Jörg. Dorothee kann den Grund nennen, warum ihre Kita geschlossen ist. „Streik“, sagt die kleine Blonde. Aber was man da genau macht, das weiß sie nicht.

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