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Berlin: Klagen von Häftlingen könnten teuer kommen

Wegen menschenunwürdiger Unterbringung ziehen acht Gefangene vor Gericht

Von Sandra Dassler

Wegen der Überbelegung in Berlins Gefängnissen kommen auf das Land möglicherweise hohe Kosten zu. Zur Zeit klagen acht Gefangene aus Berliner Justizvollzugsanstalten wegen menschenunwürdiger Unterbringung vor dem Landgericht. Das bestätigte die Sprecherin der Senatsjustizverwaltung, Andrea Boehnke, gestern auf Nachfrage. Die Klagen befänden sich aber noch im so genannten Prozesskostenhilfeverfahren, bei dem die 13. Zivilkammer prüfe, ob die Kläger mittellos seien und ob die Klagen überhaupt Aussicht auf Erfolg haben.

Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings groß: Im Juli 2004 hatte das Landgericht Karlsruhe einem Häftling 200 Euro Schmerzensgeld für jede Woche zugesprochen, die er mit einem anderen Gefangenen in einer eigentlich als Einzelzelle ausgelegten Räumlichkeit verbringen musste. Das Berliner Kammergericht bezeichnete es im Juni 2004 als menschenrechtswidrig, wenn zwei Gefangene in einer Zelle ohne räumlich abgetrennte Sanitäranlagen untergebracht sind. Dies ist in Berlins seit Jahren überbelegten Gefängnissen häufig der Fall. Nach Angaben von Justizsprecherin Boehnke stehen momentan 5021 Plätze für 5352 Gefangene zur Verfügung. Wie viele Gefangene eine Entschädigung geltend machen könnten, lasse sich derzeit nicht sagen.

Um die Situation zu entschärfen, hat die Justizverwaltung eine Amnestie für rund 300 Häftlinge beschlossen. Entlassen werden derzeit laut Boehnke keine Schwerverbrecher, sondern vor allem Täter, die eine Haftstrafe verbüßen, weil sie den Geldbetrag nicht aufbringen können, zu dem sie verurteilt wurden. Eine solche Amnestie hat es auch schon in den Jahren zuvor gegeben – lösen lässt sich die schwierige Situation in Berlins Gefängnissen damit nicht. Deshalb soll das Thema auch morgen im Rechtsausschuss beraten werden. Die Koalition hatte wegen Geldmangels den geplanten Gefängnisneubau im brandenburgischen Großbeeren verschoben. Durch Um- und Ausbau sollen bis Ende des Jahres mehr als hundert neue Haftplätze entstehen.

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