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Klaus Wowereit

© dpa

Klaus Wowereit: Liebling Ostdeutschland

Vom Partymeister zum Meister der Umfragen: Wie der Regierende Bürgermeister den Imagewechsel schaffte. Auf Bundesebene gilt er mittlerweile als Hoffnungsträger der SPD.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Früher gab es Fotos, auf denen er busselte, knutschte und aus Damenschuhen trank: Kurz nach seinem Amtsantritt am 16. Juni 2001 hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit das Image eines Partymeisters. Allmählich fand er dann aber Gefallen daran, sich als SPD- Politiker zu profilieren und in der politischen Bundesliga mitzuspielen. Auch sein Ansehen wuchs bei den Wählern, vor allem in Ostdeutschland: Dort will man Wowereit als SPD-Kanzlerkandidaten. Seit Juni 2007 liegt er dort in Umfragen vorn, die von ARD und den Nachrichtenmagazinen „Spiegel“ und „Focus“ unabhängig voneinander in Auftrag gegeben wurden. In den neuen Ländern lässt Wowereit SPD-Parteichef Kurt Beck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier hinter sich. Auch die Bundesminister Peer Steinbrück, Franz Müntefering und Sigmar Gabriel halten nicht mit.

Wie ist das zu erklären?

Berlins Regierender Bürgermeister trägt das politische Selbstverständnis, ein Ostdeutscher zu sein, seit Jahren öffentlich vor sich her. Und er regiert seit 2002 im Bündnis mit der Linken, die damals noch PDS hieß. Gegen heftige Widerstände, auch im SPD-Landesverband, hat Wowereit die Fortsetzung der rot-roten Koalition im Herbst 2006 offensiv durchgesetzt. Bundesweit hat er kürzlich Schlagzeilen gemacht, als er die Linkspartei in Bund und Ländern für potenziell regierungsfähig erklärte.

In Bayern oder Niedersachsen mögen das viele Wähler, auch Parteifreunde, nicht verstehen. Aber in allen fünf ostdeutschen Ländern hat die neue Linke – laut aktuellen Umfragen – 25 Prozent der Stimmen sicher. Wenn nicht mehr. Und während sich bundesweit nur ein Viertel der Bürger für die Beteiligung der Linkspartei an einer Bundesregierung erwärmen kann (Infratest dimap im Juli), sind es im Osten Deutschlands 43 Prozent. Dort herrscht ein anderer Wind, der Wowereits Popularität offenkundig antreibt.

Vielleicht bald auch im Westen, wenn dort das politische Klima wechseln sollte? Immerhin sagen Meinungsforscher für die Landtagswahlen in Hamburg und Hessen Anfang 2008 jetzt schon 49 Prozent der Stimmen für Rot-Rot-Grün voraus. Im Saarland, das 2009 wählt, sind es derzeit 47 Prozent. Vorerst bleiben das rechnerische Mehrheiten. Sonntagsfragen bieten nur eine Momentaufnahme. Aber der Trend scheint auch im Westen dem SPD-Mann aus Berlin entgegenzuwachsen, der in letzter Zeit auffällig oft betont, die SPD sei eine „linke Volkspartei“.

Die relative Beliebtheit Wowereits, auch sein hoher Bekanntheitsgrad, hängen sicher nicht nur mit der politischen Strategie zusammen. Gerade im Osten sind Führungsleute populär, die bei öffentlichen Auftritten authentisch wirken, bei denen es „menschelt“ und die gute Stimmung verbreiten. Wenn sie dann noch – wie Wowereit – aus kleinen und schwierigen Verhältnissen kommen, werden sie ins Herz jener Wähler geschlossen, die selbst nicht auf Rosen gebettet sind. Da könnte es helfen, wenn im September Wowereits Biografie erscheint, die angeblich Einblicke in seine Jugend und das Privatleben gewährt. Und es hilft jetzt schon, dass sich der Regierende Bürgermeister seit einiger Zeit ein kleines Netzwerk zusammenstrickt. Einen Kreis von Vertrauten, Denkern, Planern und Machern. Das ist untypisch für Wowereit: Leute aus der eigenen Partei, die ihm durchaus wohlgesonnen sind, glauben nach wie vor, dass er sich zu 90 Prozent selbst berät. Aber diese restlichen zehn Prozent sind ebenso wichtig: etwa für die Formulierung von Grundsatzpositionen in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik, der Integration oder dem Klima- und demografischen Wandel. Kulturpolitik kann er (fast) allein. Außerdem macht sich Wowereit mit der Welt der aufstrebenden, jüngeren Kräfte in der Bundes-SPD zunehmend bekannt.

Der Kreis der engsten Vertrauten (siehe unten stehender Text) trifft sich zu Beginn jeder Woche, wenn nicht gerade Ferien sind, zur Montagslage. Dazu gehören zuallererst der SPD-Landes- und -Fraktionschef Michael Müller, der Planungsreferent Björn Böhning und Senatssprecher Michael Donnermeyer. In zweiter Reihe stehen Wowereits Büroleiterin Jessika Wischmeyer, die Senatskanzlei-Chefin Barbara Kisseler und der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler. Dann gibt es noch die Sonderbeauftragten, auf die der Regierende ausnahmsweise hört: Kulturstaatssekretär André Schmitz und Bildungssenator Jürgen Zöllner.

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