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Zurück auf Los. Mit offiziellen Regierungsterminen wie diesem Marathon-Startschuss ist für Klaus Wowereit bald Schluss. Dem Sport bleibt er vielleicht verbunden.

© DAVIDS

Klaus Wowereit nach seinem Rücktritt: Olympia in Berlin, Redner - oder ein Jahr ins Ausland

Was macht ein Regierender nach dem Rücktritt? Wowereit brachte sich selbst als Olympia-Manager ins Gespräch. Und wie geht's seinen Vorgängern jetzt?

Eine Träne hat er wohl weggedrückt. Und Klaus Wowereits Lippen haben gebebt, das wollen Beobachter gesehen haben. Und dann, das haben alle genau gehört, sagte er am Dienstag bei seiner Rücktrittserklärung dieses eine Wort, das die Spekulationen über seine Zukunft anheizt: Er stehe „leidenschaftlich“ hinter einer Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele, sagte der scheidende Regierungschef. War das die Bewerbung für eine Tätigkeit nach seinem Auszug aus dem Roten Rathaus im Dezember?

Das fragt man am besten Klaus Böger, der Wowereit seit mehr als zwanzig Jahren kennt, der als Kultur- und späterer Bildungs- und Sportsenator mit ihm zahllose Senatssitzungen bestritt und das überraschende Bekenntnis mit „sehr viel Freude registriert“ hat. Und welchen Posten wird Wowereit in Berlins Olympischer Bewegung bekleiden, möchte man vom amtierenden Präsidenten des Landessport-Bundes wissen? „Einbringen kann er sich immer“, sagt Böger, in welcher Rolle könne man nicht sagen. Olympia sei ein „Zukunftsprojekt, bis dahin wird in Berlin noch zwei Mal gewählt“.

Nach Postenverteilung unter früheren Senatskollegen klingt das nicht. Aber mitfühlen kann Böger, Berlins einst mächtiger Mann der Bildungspolitik, wie schwer Wowereit der Abschied fiel. „Es ist wie bei dem General, der nach dem Ausscheiden in den Fond seines Wagens steigt und sich wundert, dass der nicht losfährt“. Die dienstbaren Geister sind weg und die Entourage. Wenn der Amtsträger die Erde zur Scheibe erkläre, würden dessen Worte noch erforscht; sage es der Privatmann, werde er gleich für verrückt erklärt. Von „Wehmut, wenn es fertig ist“, spricht Böger, vom Innehalten. Erst später kommt „das Gefühl der Befreiung, weil ich wieder Herr meines Terminkalenders bin“.

Momper: "Manche haben Entzugserscheinungen"

Wowereits Vorgänger im Amt, Eberhard Diepgen, empfiehlt scheidenden Regierenden „erst mal ein Jahr ins Ausland zu gehen“, um Abstand zu gewinnen – und er lacht, als man ihn überführt, weil er selbst auch nicht in den Flieger stieg. Den Abstand hat der 73-Jährige 14 Jahre nach seinem Ausscheiden heute: Er kann von eigenen Fehlern sprechen – nach der Machtverschiebung beim damaligen Koalitionspartner SPD nicht zurückgetreten zu sein oder sein Versuch, für den Bundestag zu kandidieren. Ebenso analysiert er mit scharfem Blick Verdienste und Versäumnisse der Ära Wowereit.

Und welche Erfahrung hat er gemacht nach dem Machtverlust? „Die Zahl der Freunde wird sehr klein und die politischen Gegner und Kritiker immer mehr“. In ein Loch sei er aber nicht gefallen, er wurde bald wieder als Rechtsanwalt beruflich tätig.

„Manche haben Entzugserscheinungen“, sagt Walter Momper, der als Regierender mit dem roten Schal in Erinnerung bleibt. „Aber ich traue Wowereit zu, dass ihm der Sprung ins Privatleben gelingt“ – und dass er sich seinen „Passionen widmet: Theater, Konzerte, Oper“. Ein Jahr Abstand, so lange dauerte es auch bei Momper, bis er sich neu sortiert hatte: Er stieg bei einem Bauträger ein und entwickelt bis heute Projekte, nun auf eigene Rechnung. Als Präsident des Abgeordnetenhauses sowie Vorsitzender des SPD- Wirtschaftskreises blieb er auch politisch aktiv. Wie es sich für einen Alt-Regierenden gehört, bekleidet er heute Ehrenämter: Beim „Grips“-Theater, beim Vivantes Hospiz und beim Sozialträger Awo. Auch das eine Möglichkeit, sich vom Machtverlust abzulenken – „manche arbeiten dann so viel wie niemals zuvor“, sagt Momper.

Wowereits Ruhegehalt: 7.270 Euro

„Sehr schmerzhaft“ nennt auch er den Machtverlust, weil er nicht wiedergewählt wurde, „ganz schön bitter“. Bei Klaus Wowereit sei das ja anders, der gehe aus eigenen Stücken. Der werde als einer der großen Bürgermeister von Berlin erinnert, glaubt Walter Momper, auch wenn „der Flughafen eine ganz schöne Niederlage“ war.

Wowereit ist 61, wenn er im Dezember aus dem Amt scheidet, was kann aus diesem Polit-Profi mit reichlich Amtserfahrung dann noch werden? Wowereit als Olympia-Manager – das kann sich Walter Momper „sehr gut vorstellen“. Ob Wowereit es wird, hänge auch von dessen Nachfolger ab. Momper selbst wäre es selbst auch damals gerne geworden, aber dessen Nachfolger „Diegpgen hat sich das nicht getraut“.

Anfragen als Redner oder Berater, daran wird es einem „Elder Statesman“ Wowereit sicher nicht fehlen – und vielleicht wieder mehr Auftritte in Talkshows, wo der Schlagfertige mit der Berliner Schnauze gern gesehen ist. Alles geht, aber nichts muss, denn nach mehr als 13 Jahren im Amt des Regierenden steht ihm nach dem Rücktritt laut Bund der Steuerzahler ein Ruhegehalt von rund 7.270 Euro monatlich zu.

Was aber hält die Branche von dem Vorschlag, den Noch-Regierungschef ab Ende des Jahres als Olympia-Manager für Berlin auf Werbetour zu schicken? Die Diskussion darüber hat gerade begonnen – und wurde auch am Mittwochabend fortgesetzt bei einem Treffen der Berliner Profi-Sportklubs mit Vertretern von Wirtschaft und Politik im Olympiastadion.

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