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Helios-Klinik

© Uwe Steinert

Klinikumzug: Operation am offenen Herzen

Das Helios-Klinikum in Buch zieht bei laufendem Betrieb um – mit 600 Patienten und 20 000 Kisten.

Es piept. Monoton und Nerven aufreibend. Mehrere Menschen stehen um das Dialysegerät herum. Neben ihnen stapeln sich überall auf dem Flur leere Umzugskartons und Verpackungsmaterial. Die Maschine ist ganz eindeutig ausgeschaltet – und piept trotzdem. Sie hat gerade eine kurze Reise im Umzugswagen hinter sich. Eben hat sie jemand durch die Tür der Intensivstation im Neubau des Klinikums Buch hereingeschoben. Es ist Sonnabend vormittag. Der große Umzug des Klinikums aus fünf Standorten in den Neubau an der Schwanebecker Chaussee ist in vollem Gange. 600 Patienten und 20 000 Kartons sollen bis Donnerstag innnerhalb von acht Tagen transportiert worden sein.

Der Sonnabend ist der wichtigste Tag des Umzugs: „Intensivstation und Operationssäle müssen sorgfältig vorbereitet werden, denn am Sonntagmorgen um Punkt acht wird hier planmäßig und gleichzeitig mit der neuen Rettungsstelle der Betrieb aufgenommen,“ sagt Josef Zacher. „Chef“ steht auf einem zerknitterten Zettel an seiner Bürotür. Am Sonnabendnachmittag wird er nach einer „Probe-OP“ an einer Krankenschwester den Operationssaal freigeben. Er ist der ärztliche Leiter des Klinikums und „der einzige, der den Umzug stoppen kann“ – damit droht er regelmäßig, wenn er will, dass Pannen möglichst schnell behoben werden. Doch viele habe es noch nicht gegeben, vor allem keine größeren. „Ich hätte wesentlich mehr Probleme erwartet“, sagt Zacher. Er habe Angst gehabt, dass nicht alle Aufzüge funktionieren. Doch die tun pflichtgemäß ihren Dienst.

Anders als das bockige Dialysegerät auf der Intensivstation. „Oh, nee, nicht dass das jetzt den ganzen Tag so geht“, sagt eine Krankenschwester in Freizeitkleidung verärgert und drückt an verschiedenen Köpfen herum. Zum Glück gibt es Pfleger Frank. Er kommt in weißer Tracht aus einem der leeren Krankenzimmer und findet den richtigen Knopf sofort. Der Ton verstummt. Pfleger Frank verschwindet ebenso leise wie er gekommen ist ins nächste Zimmer – um dort das Überwachungsgerät zur „invasiven Blutdruckmessung“ zu justieren. Er trägt einen ganzen Satz Imbusschlüssel mit sich herum. „Ich bin gerade bei den Feinarbeiten“, sagt er. Stress? Den habe man doch immer, sagt er mit einem unglaublich gelassenen Lächeln.

Gelassen ist auch Klaus Gorski. Der 75-Jährige ist einer von 22 Patienten, die am Sonnabend umziehen. Schon lange bevor der Krankenwagen kommt, sitzt er fertig angezogen neben seinem Koffer – in der Station für Nierenleiden, in Haus 121 am alten Standort. Außen blättert der Putz von den grauen Wänden des Baus. Innen riecht es durchdringend – eine Mischung aus Urin und Desinfektionsmittel. In Gorskis Zimmer sind alle vier Betten abgezogen. Ein anderer Patient wurde schon in den Neubau gebracht, zwei wurden entlassen. „Bin ich der letzte?“, fragt Gorski. Ist er nicht. Ihm geht es schon besser, er kann sogar laufen. Trotzdem schiebt ihn Krankentransporteur Ronny Wolf lieber in einem Tragestuhl zum Krankenwagen. Seine Kollegin Leena Mobis zieht den Koffer und trägt die Krücken. „Und jetzt liefern Sie mich irgendwo ab?“ fragt der ältere Herr etwas besorgt. „Nicht irgendwo, sondern da, wo Sie hinsollen“, beruhigt ihn Leena Mobis.

Das Schild, das an der Straße den Weg Richtung Rettungsstelle weisen soll, ist noch überklebt, trotzdem findet der Wagen mit Patient Gorski seinen Weg zu diesem Eingang. „Wen habt ihr denn da?“, fragt ein Kollege von Wolf und Mobis. „Einen aus Haus 119?“ – Nein, Gorski. „Aber den ham wir doch“. „Das musst du mal mit Ucki klären.“ Weiter geht’s.

„Drittes Obergeschoss“, sagt eine sanfte Computerstimme im silbrig glänzenden Aufzug. Die Türen gleiten auf. Kein Vergleich mit dem zeschrammten Pendant im alten Haus. Auf der neuen Nierenstation riecht man fast nichts, ein bisschen Kunststoff vielleicht. Gorski begrüßt fröhlich einen Pfleger, der auch gerade angekommen ist. Stationsleiterin Inge Freimann bringt Gorski etwas zu trinken und zeigt ihm das komfortable Badezimmer – so etwas gab es auf der alten Station nicht.

Gleich wird Ralph Kettritz bei ihm vorbeischauen. Der stellvetretende Chefarzt ist auf provisorischer Visite. Er sieht gerade die Krankenakten durch. Sie liegen aufgestapelt auf einem Tisch und einer Bank im Flur, gleich neben einem Berg aus Verpackungsmüll. „Auch wenn das noch nicht so aussieht: Hier hat alles seine Ordnung“, sagt Kettritz. Das gilt wahrscheinlich für den ganzen Umzug.

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