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Bernhard Blaszkiewitz ist Direktor des Berliner Zoos und des Tierparks. Den Rummel um Knut mochte er nie.

© Davids/Radke

Zoodirektor Blaszkiewitz: "Knuts Fell ist schon im Museum"

Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz will den toten Knut ausstopfen lassen. Er sieht den Tod des berühmten Eisbären eher nüchtern und verwahrt sich gegen die Kritik von Tierschützern.

Herr Blaszkiewitz, welche Todesursache halten Sie für die wahrscheinlichste?

Das Erscheinungsbild, das Knut gezeigt hat, bevor er ins Wasser gefallen ist, sah ja aus wie ein epileptischer Anfall. Doch da kann es viele Ursachen geben, da wäre ich vorsichtig, das kann man noch nicht sagen. Aber, dass etwas im Gehirn war, hat mich von daher nicht überrascht.

Manche glauben, Knut sei aus Liebeskummer gestorben oder durch Mobbing der drei Eisbärendamen.

Das Erste brauchen wir gar nicht zu beantworten, und beim Zweiten spricht alles dagegen. Mit seiner Mutter hat er die ganze Zeit gespielt. Es gibt leider dieses eine Bild, wo ihn Katjuscha vom Felsen schmeißt. Das wurde hundert Mal wiederholt, da sah es so aus, als würde er gemobbt. Das ist Quatsch. Es dauert immer eine Zeit, bis sich Tiere in neuen Anlagen eingewöhnen.

Als bekannt wurde, dass Knut ausgestopft ins Naturkundemuseum kommt, empörten sich viele Fans erneut.

Die Kritik finde ich blöde, er ist ja tot. Ich will das nicht kleinreden, die Leute haben eine emotionale Bindung zu dem Tier. Aber hier geht es um Wissenschaft. Das Fell ist übrigens schon im Museum.

Vor dem Gehege trauern seit dem Wochenende Hunderte. Waren Sie bei den Menschen und haben mit ihnen gesprochen?

Ich habe mit einigen Leuten geredet. Manche beurteilen den Tod eher nüchtern, andere sind traurig und weinen. Beschimpft wurde ich aber nicht, das passiert nur aus der Deckung heraus.

Können Sie die Trauer nachvollziehen?

Trauer zu Menschen und Tieren sollte unterschiedlich sein. Aber das kennt man ja von Hunden und Katzen, die wie Familienangehörige betrachtet werden. Offensichtlich ist dieser Bär für viele Leute so etwas. Ich als Naturwissenschaftler habe eine andere Einstellung dazu und muss das eher nüchtern sehen. Aber wenn ich entscheiden muss, ein Tier zu euthanasieren, fällt das nicht immer leicht.

Sie waren nie ein Knut-Fan und distanzierten sich von dem Hype. Warum?

Mich hat die rein kommerzielle Betrachtungsweise gestört. Für mich war es wichtiger, dass da eine bedrohte Tierart nachgezogen wird. Natürlich hab ich den Knut auch niedlich gefunden, jedes Jungtier erfreut einen. Es ist nicht so, dass ich keine emotionale Bindung zu Tieren habe.

Sind Sie sogar eher froh, dass der ganze Rummel bald vorbei sein könnte?

Das kann man so nicht sagen. Jetzt geht es darum, wie wir damit umgehen, wo wir ein neues Männchen herholen.

Kommt Männchen Troll aus dem Tierpark als Ersatz?

Knut ist erst 48 Stunden tot. Wir werden schon einen neuen Eisbärmann besorgen, notfalls haben wir den Troll. Auf Dauer sollen beide Eisbärenanlagen besetzt werden. Die wurden typisch für Eisbären gebaut, das sind ja irrsinnig beliebte Tiere in Zoos. Aber momentan habe ich noch keinen Kopf dafür, mich um einen Nachfolger zu kümmern.

Hätte man Knut ein Einzelgehege bauen sollen?

Nee, wozu? Das ist Unsinn. Als er ein Einzelgehege hatte, haben alle geschrien, er sei alleine. Als er bei den Weibchen war, war es vielen auch nicht recht. Eisbären hält man im Zoo in Gruppen, damit sie beschäftigt sind. Als die Anlage eröffnet wurde, waren acht Bären drauf, später zehn. Das würde man heute nicht mehr machen. Wir halten viele Tiere nicht wie in freier Wildbahn. In der Natur können alle höher fliegen, weiter hopsen, schneller rennen.

Und die massive Kritik der Tierschützer?

Es gibt immer Leute, die alles besser wissen. Tier- und Naturschutz ist unser täglich Brot, dafür machen wir diesen Beruf. Ich brauche keinen Nachhilfeunterricht.

In vielen Zoos wird intensiver mit „Enrichment“ gearbeitet, also mit mehr Beschäftigungsmöglichkeiten. Warum lehnen Sie das weitgehend ab?

Das stimmt gar nicht. Das wird schon immer betrieben in Berlin, nur nicht so, wie es sich manche wünschen. Es werden keine Autoreifen reingeschmissen und keine Abfallprodukte des Menschen, es werden Naturmaterialien genommen. Es gibt überall Beschäftigungsmöglichkeiten. Bei den Eisbären ist es, dass sie in Gruppen gehalten werden. Und die Anlage ist ja kein platter Beton, sondern hat verschiedene Strukturen, Möglichkeiten sich aus dem Weg zu gehen und einen Wasserfall, dazu Holzklötze im Wasser.

Es heißt, die Informationen zu den Tieren seien nicht zeitgemäß und zu wenig auf internationale Besucher ausgerichtet…

Es gibt doch internationale Zooführer und auch englische Information an den Gehegen. Aber Touchscreens oder sowas möchte ich nicht. In einem Zoo soll die Natur im Vordergrund stehen.

Der Tierpark schreibt seit Jahren Verluste, es kommen zu wenige Besucher. Was tun Sie dagegen?

Es wird immer so getan, als sei in 20 Jahren Tierpark nichts passiert. Ich empfinde das schon fast als ehrenrührig. In diesem Jahr wird das Alfred-Brehm-Haus fertiggestellt, dann gibt es im Tropenhaus einen begehbaren Weg im ersten Stock. Im Sommer wird das „Konzept 2020“ mit dem Parlament besprochen. Das ist aber noch nicht fertig. Und so viele freie Flächen haben wir da auch nicht.

Ihnen wird vorgeworfen, auf zu wenig Platz zu viele Tiere zu halten.

Nur im Aquarium sind es in den letzten Jahren mehr Tiere geworden. Im Zoo und Tierpark ist die Zahl der Säugetiere und Vögel verringert worden. Gehege müssen auch nicht vergrößert werden. Und wenn es irgendwo Platz gibt, dann im Tierpark.

Interview: Christoph Spangenberg

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