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Berlin: Koalitionsverhandlungen: Berlins Sparkommissarin schmeißt hin

Finanzsenatorin Christiane Krajewski (SPD) steht im neuen Senat für ein Amt nicht zur Verfügung. Als Begründung nannte Krajewski einen "Mix von Argumenten, die mit der eigenen Lebensplanung, der politischen Verantwortung und den Rahmenbedingungen zusammenhängen".

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Finanzsenatorin Christiane Krajewski (SPD) steht im neuen Senat für ein Amt nicht zur Verfügung. Als Begründung nannte Krajewski einen "Mix von Argumenten, die mit der eigenen Lebensplanung, der politischen Verantwortung und den Rahmenbedingungen zusammenhängen". Sie führt die Amtsgeschäfte noch bis zur Senatsbildung im Januar weiter. Als Anwärter auf den Posten des Finanzsenators gilt jetzt der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf. Der Haushaltsexperte schloss im Gespräch mit dem Tagesspiegel ein Senatorenamt für sich nicht mehr kategorisch aus, verwies aber auf seine "Präferenz für den Fraktionsvorsitz".

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bedauerte die Entscheidung Krajewskis außerordentlich. "Die Entscheidung hat nichts mit Rot-Rot zu tun, sie wäre auch bei einer Ampelkoalition getroffen worden." Die Sozialdemokraten hatten aber schon in den vergangenen Tagen signalisiert, dass der PDS das Finanzressort angeboten werden könne. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), hatte die neuen Überlegungen der Sozialdemokraten öffentlich gemacht. Statt den Sozialisten nur die so genannten weichen Ressorts zu überlassen, könne man sie für das unpopuläre Sparen in die Pflicht nehmen. "Der Vorteil läge darin, dass die PDS dann deutlich sichtbar Verantwortung für die Stadt tragen muss."

Dies sei ein finanzpolitischer Offenbarungseid, kritisierte der CDU-Fraktionschef Frank Steffel die Überlegungen der SPD. "Eines der verantwortungsvollsten Ressorts wird auf dem Altar der Macht geopfert". Wie ein gelangweiltes Kind, das von seinem Spielzeug genug habe, entziehe sich die SPD der Verantwortung. Noch sind die Posten im künftigen Senat nicht abschließend verhandelt. Deshalb vertrösten beide Parteien auf den Abschluss der Koalitionsgespräche. Harald Wolf sagte dem Tagesspiegel: "Meine Präferenz liegt beim Fraktionsvorsitz, aber ich habe es nie kategorisch ausgeschlossen, Finanzsenator zu werden." Die PDS hatte erst vor kurzem die Fraktions-Doppelspitze abgeschafft und Wolf zum Fraktionschef gewählt. Carola Freundl, die bisher mit ihm an der Spitze stand, wurde mit der PDS-Innenexpertin Marion Seelig zu seinen Stellvertreterinnen gewählt. Freundl hatte aus familiären Gründen nicht mehr für den Vorsitz kandidiert. Sollte Wolf nun in den Senat gehen, müsste die PDS sich nach einem neuen, erfahrenen Fraktionsvorsitzenden umschauen.

Unklar ist auch, ob die PDS tatsächlich die Finanzverwaltung übernehmen will. "Sind wir bereit, das zu schultern?", fragen sich viele PDS-Mitglieder - wohl wissend, dass die Sozialisten auch daran gemessen werden, ob sie eine Konsolidierung des maroden Berliner Haushaltes hinkriegen würden. PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte, der Job des Finanzsenators sei "keine attraktive Aufgabe". Aber sollte die PDS das ressort übernehmen, käme dafür Harald Wolf wegen seiner Fachkompetenz in Frage.

Nach wie vor sind sich SPD und PDS über die Verteilung der Senatsposten nicht einig. Während die SPD fünf Senatorenämter zuzüglich des Regierenden Bürgermeisters reklamiert, der PDS also drei Posten zugestehen will, fordert die PDS vier Senatorenämter für sich. Wobei sich die drei Verhandlungsführer der PDS intern nicht einig sind, ob man überhaupt vier Posten fordern kann.Eine mögliche Kompromisslinie zwischen den Parteien könnte eine - zumindest schon diskutierte - Variante sein: Die SPD stellt den Regierenden Bürgermeister und vier Senatoren. Die PDS stellt drei Senatoren. Für das achte Ressort einigt man sich auf einen parteilosen Kandidaten. Ins Spiel gebracht wurde Adrienne Goehler als Kultursenatorin. Bei den Grünen, für die Goehler derzeit im Senat sitzt, stößt diese Variante größtenteils auf Unbehagen.

Als gesetzt gilt im künftigen Senat der Stadtentwicklungssenator und SPD-Vorsitzende Peter Strieder. Außerdem wollen die Sozialdemokraten den Innensenator stellen. Ob jedoch Amtsinhaber Ehrhart Körting (SPD) bleibt, ist nicht sicher. Dagegen gilt der jetzige Schulsenator Klaus Böger (SPD) als "bleibende Größe" im Senat. Ob er jedoch bei der Schulverwaltung bleibt oder in die Innenverwaltung wechselt, ist nicht endgültig verhandelt. Böger würde gern sein Amt des Schulsenators behalten. Die PDS signalisierte unterdessen, dass sie Körting als Innensenator gutheißen würde.

Sollte das Finanzressort tatsächlich an die PDS gehen, wird die SPD die Wirtschaftsverwaltung besetzen. Dafür galt bisher der PDS-Spitzenmann Gregor Gysi als Anwärter. Fällt das Wirtschaftsressort für die PDS weg, dann bliebe für Gysi das Kulturressort. Für andere Senatsposten steht der PDS-Politiker nach eigenem Bekunden nicht zur Verfügung. Wenig Interesse zeigt die PDS an dem Justizressort. Es fehlt der Partei offensichtlich an namhaften Personen. Die SPD zählen sowohl das Justizressort als auch den Bereich Arbeit, Soziales, Frauen, Gesundheit nicht zu den von ihr beanspruchten Schlüsselressorts. Sollte SPD-Senatorin Gabriele Schöttler in ihrem Amt bleiben, gilt das parteiintern als Signal an die Ost-Berliner Parteifreunde, die die geringe ostdeutsche Repräsentanz in den Leitungsebenenen kritisieren.

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