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Die Mitglieder des Stubenrausch Kulturvereins haben sich nicht unterkriegen lassen - und veranstalten auch 2013 wieder das Bergfunk Open-Air.

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Königs Wusterhausen: Das Bergfunk-Festival feiert seine Rettung

Das Bergfunk-Festival in Königs Wusterhausen sollte 2012 größer werden, bekanntere Bands sollten mehr Zuschauer anziehen. Doch die Rechnung ging am Ende nicht auf. Die jungen Veranstalter standen vorm finanziellen Ruin - und wurden von ihren Fans gerettet.

Mehr als 31.000 Euro Schulden. Das war vor knapp einem Jahr die bittere Bilanz des Bergfunk Open-Airs in Königs Wusterhausen. Der Stubenrausch Kulturverein, junge Menschen aus der Region, Schüler und Studenten organisieren das Konzertwochenende seit 2009 jährlich. 2012 sollte der bisherige Höhepunkt werden. Stattdessen wäre es beinahe das Ende des Kulturvereins gewesen.

„Als klar war, dass zu wenige Besucher gekommen waren, um die Kosten zu decken, hatte ich den zweiten Konzertabend des Wochenendes schon als Abschiedsveranstaltung verbucht“, sagt Ludwig Scheetz. Der 27-Jährige ist der Vorsitzende des Stubenrausch Kulturvereins. Deren Mitglieder, alle zwischen 18 und 35 Jahre alt, wollten nicht mehr nur über den Mangel oder die Qualität des Kulturangebots in der Stadt meckern. „Wir wollten es lieber selbst besser machen“, sagt Scheetz. Das Festival sollte 2012 größer werden, bekanntere Bands sollten mehr Zuschauer anziehen. Am Freitag spielten die 80er-Größen Alphaville und Keimzeit. Synthiepop und Ostrock sollten auch die Elterngeneration der jungen Bergfunk-Veranstalter begeistern. Am Samstag standen Musiker wie der Sänger Pohlmann, die Berliner Ohrbooten und die Hip-Hop-Band Blumentopf auf der Bühne. Die großen Namen mussten teuer bezahlt werden. 1500 Zuschauer wären am Freitag nötig gewesen, um die Kosten zu decken. Stattdessen kamen nur 600 Menschen, trotz Radiowerbespots und professionellem Marketing.

Der Berg bebt - beim Konzert der Berliner Ohrbooten auf dem Bergfunk Festival 2012.

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„Was im Gedächtnis bleibt, ist leider das finanzielle Desaster und die fehlenden Zuschauerzahlen von Freitag“, sagt Scheetz. Dabei seien die von ihnen veranstalteten Kulturtage, in die das Festival eingebettet war, ein voller Erfolg gewesen: Poetry Slam, Theaterabend, Klassikkonzert und Bandcontest, alle Veranstaltungen waren voll. Die Konzerte von Pohlmann, Ohrbooten und Blumentopf am Samstag waren gut besucht, die Stimmung super. „Auch von den Künstlern wurde uns eine hohe Professionalität bescheinigt“, sagt Scheetz.

Die Lage am Rand der Hauptstadt und ein künstlerisch hochwertiges Angebot reichten nicht aus, das musste auch der Bürgermeister von Königs Wusterhausen, Lutz Franzke (SPD), feststellen: „Es gibt einfach ungeheuer viele Veranstaltungen.“ Die Stadt veranstaltet das Festival mit und finanziert es mit einem Grundbetrag. Doch die Haushaltsmittel der Stadt für kulturelle Zwecke waren bereits ausgeschöpft, an eine Übernahme der Schulden nicht zu denken.

„Am Sonntag haben wir abgebaut, die letzten Fässer Bier geleert und uns auf eine harte Zeit eingestellt“, sagt Scheetz. Und Scheetz hatte sich auch schon mal von seinen eigenen Zukunftsplänen verabschiedet. Urlaub oder Umzug - das würde demnächst erst einmal nicht möglich sein. Denn als Vereinsvorsitzender hätte er im schlimmsten Fall zusammen mit zwei anderen Verantwortlichen mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Vereins aufkommen müssen.

„Doch schon am Sonntagabend war klar: Das können wir so nicht stehen lassen“, sagt Scheetz. Das dachten auch Thomas Klabunde und Rainer Suckow. Die beiden Hobbyfunker hatten die Konzerte aufgezeichnet und über Kurzwelle übertragen. Schließlich findet das Bergfunk-Festival jedes Jahr in der Wiege des deutschen Rundfunks statt. Vor knapp 100 Jahren wurde hier die erste Radiosendung ausgestrahlt. Noch beim Schneiden der Beiträge sammelten sie die ersten Ideen und gründeten schließlich die Initiative Bergfunkretter, mit Internetseite und Spendenbalken. Mindestziel: 31285,33 Euro. „Es kann einfach nicht sein, dass junge Leute, die sich freiwillig engagieren, dafür bestraft werden“, findet Suckow.

Während des letzten Jahres unterstützten sie die Leute vom Stubenrausch Kulturverein bei vielen Spendenaktionen. Sie verkauften, was sie hergeben konnten, auf dem Flohmarkt, sammelten Gelder bei einer Blutspende-Party unter dem Motto „Bluten für den Berg“ und verkauften Bergretter-T-Shirts. Zusätzlich schrieben sie 100 Unternehmen aus der Umgebung an, mit der bitte je 100 Euro zu spenden. Auch die Stadt Königs Wusterhausen vermittelte Spenden. Nach und nach läpperte es sich. Bei einem vierstündigen Benefiz-Konzert in der Kreuzkirche in Königs Wusterhausen traten im Februar 80 Künstler ohne Gage auf, unter anderem die bekannte blinde Sängerin Joana Zimmer, die in Königs Wusterhausen die Brandenburgischen Schule für Blinde und Sehbehinderte besucht hatte. Das Konzert war ausverkauft. Danach stand fest: Es wird auch 2013 ein Bergfunk Open-Air geben. „Mit kleinerer Bühne und angepasstem Bühnenprogramm“, wie Scheetz sagt.

Die Band Bakkushan sind am Samstag die Headliner des Bergfunk Festivals 2013.

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Zwischen den alten Sendehäusern und dem Fundament des ehemals über 240 Meter hohen Funkturms in Königs Wusterhausen spielen am Freitag Singer und Songwriter aus der Region und Berlin. Am Samstag wird es rockig, auch die Gewinnern des im letzten Jahr veranstalteten Bandcontests, die Berliner Band Leyan, ist dabei. Als Headliner haben sich die Stubenrausch-Leute die Band Bakkushan geleistet.

Dass er den jungen Leuten des Vereins so viel Vertrauen bei der Organisation entgegengebracht hat, hat Bürgermeister Lutz Franzke nie bereut. „Nur wenn dieses Projekt zusammengefallen wäre, hätte das sehr weh getan“, sagt er. „Aber dass alle zusammengehalten haben, die Mitglieder des Stubenrausch und die ganze Stadt, ist ein Erfolg.“ Auch Rainer Suckow ist mehr als zufrieden mit dem Ergebnis: „Innerhalb eines Jahres sind über 30.000 Euro zusammengekommen. Das ist grandios.“ Die Schulden ist der Stubenrausch Verein los. In diesem Jahr wird einfach nur gefeiert.

Das Festival findet am Freitag, 23., und Samstag, 24. August 2013 auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen statt. Die Tickets kosten im Vorverkauf 11,95 Euro am Freitag und 14,95 Euro am Samstag. Das Kombi-Ticket für beide Tage ist für 19,90 Euro zu haben. Vom Bahnhof in Königs Wusterhausen fährt ein kostenloser Shuttle-Bus die Besucher zum Festival-Gelände.

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