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Berlin: Körting gibt Islamisten eine Chance

Von Frank Jansen Innensenator Ehrhard Körting (SPD) steht einem Verbot islamistischer Organisationen skeptisch gegenüber. Es sei lohnender zu prüfen, welche Gruppe sich in ein „westliches Gesellschaftsbild integrieren will“, sagte Körting bei der Vorstellung des Jahresberichts 2001 des Berliner Verfassungsschutzes.

Von Frank Jansen

Innensenator Ehrhard Körting (SPD) steht einem Verbot islamistischer Organisationen skeptisch gegenüber. Es sei lohnender zu prüfen, welche Gruppe sich in ein „westliches Gesellschaftsbild integrieren will“, sagte Körting bei der Vorstellung des Jahresberichts 2001 des Berliner Verfassungsschutzes. Er wage zu bezweifeln, dass es sinnvoll sei, mit Milli Görus umzugehen wie mit dem „Kalifatsstaat“. Diese türkisch-islamistische Gruppe hatte der Bundesinnenminister Ende 2001 verboten. Milli Görus hingegen gilt nicht als gewaltbereit und ist mit 27 000 Mitglieder bundesweit die größte Organisation deutscher Türken. In Berlin verfügt Milli Görus über 3000 Aktivisten.

Körting betonte jedoch, nach dem 11. September habe der Verfassungsschutz beim Thema Islamismus „einen anderen Fokus als vorher“. Es gebe allerdings keine Hinweise, dass Gewaltakte in Berlin geplant seien. Dies gelte trotz der Verschärfung des Nahostkonflikts auch für palästinensische Gruppen. Anderseits sei deren „Mobilisierungspotenzial“ höher, als die Sicherheitsbehörden vermutet hätten, sagte Körting und verwies auf die Pro-Palästina-Demonstration vom 13. April dieses Jahres, an der mehr als 10 000 Menschen teilnahmen.

Im Bereich Ausländerextremismus geht der Verfassungsschutz von einem Potenzial von insgesamt 6500 Personen aus – das entspricht dem Stand von 2000. Die Polizei registrierte 200 Straftaten, die von nichtdeutschen Extremisten begangen wurden.

Im Gegensatz zum Bundestrend hat der Verfassungsschutz in Berlin deutlich weniger militante Rechtsextremisten festgestellt. Tummelten sich 2000 noch 830 Skinheads und andere gewaltbereite Rechte in der Stadt, waren es 2001 „nur“ 640. Die Zahl ist allerdings problematisch: Der Rückgang der registrierten Skinheads „erklärt sich dadurch, dass nach Ablauf der Erfassungsfristen eine Vielzahl von Personendaten gelöscht wurde“, heißt es im Jahresbericht. Die statistische Bereinigung bedeute nicht automatisch, dass die Skinheadszene real geschrumpft sei, ist bei den Sicherheitsbehörden zu hören. Die Berliner Ableger von NPD, DVU und „Republikaner“ blieben in ihrem Mitgliederbestand stabil. Die Zahl der rechten Straftaten stieg auf 455 (2000: 333).

Wie schon seit mehreren Jahren beziffert der Verfassungsschutz die autonome Szene mit 1200 Personen. Insgesamt hat die Behörde 2520 Linksextremisten gezählt, exakt so viele wie im Jahr 2000. Die Beobachtung des „Marxistischen Forums“ in der PDS wurde allerdings eingestellt. „Die Reste marxistisch-leninistischer Volksmusik verklingen“, sagte Körting. Die „Kommunistische Plattform der PDS“ nimmt der Verfassungsschutz jedoch weiterhin unter die Lupe. Im Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität – links“ werden im Jahresbericht 685 Delikte genannt. 2000 waren es noch 848.

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