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Kommentar: Gebt uns frei!

Es ist der 9. November und keiner kommt durch. Freiheit für Berlin! Stephan-Andreas Casdorff plädiert für den Mauerfall-Jahrestag als Feiertag.

Es ist der 9. November und keiner kommt durch. Nein, gemeint nicht der 9. November 1989, sondern der 20 Jahre danach. Die Stadtoberen meinen wohl, zum Jubiläum des Mauerfalls gehöre als Erinnerung ein Stau. Ach was, einer - viele! Vor allem auf den Straßen, die von Ost nach West und umgekehrt führen.

Dabei müsste da doch eigentlich dieses Gefühl der Erhabenheit, der Freude, Platz haben dürfen, etwas Hehres, Großes noch einmal erleben zu können. Nacherleben zu können. So ein bisschen geschwisterlich könnte einem zumute sein oder wenigstens werden. Könnte. Wenn man denn zur Bornholmer oder zur Bernauer Straße durchkäme.

Nur wird der Weg blockiert. Von den Besuchern, die, so willkommen sie sind, über die Straßen strömen und sich an keine Verkehrszeichen halten, dazu den unzähligen Pkw, und auch noch von den Lastwagen, die durch diese Stadt kajolen, als wär’s ein Tag wie jeder andere.

Ist er aber nicht, und der Senat, mit Verlaub, hätte es wissen können, der Tag steht ja erst seit 20 Jahren fest. Ein Feiertag ist er, einerlei, was Helmut Kohl, weiland unser Kanzler, wollte. Sein 3. Oktober als Tag der deutschen Einheit ist doch total künstlich, gewählt, weil die Meteorologen damals gesagt haben, das Wetter werde dann immer ganz gut sein. Als ob es darauf ankäme. Wetter ist immer. Und Schirme gibt es auch.

Der 9. November ist, im Guten wie im Schlechten, ein Schicksalstag der Deutschen. Das muss man akzeptieren, dem hätte man Rechnung tragen müssen, schon damals. Joschka Fischer, ja, der hatte es erkannt, bloß nicht durchsetzen können.

Jetzt aber, an diesem 20. Geburtstag der neuen deutschen demokratischen  Republik, hätte der Berliner Senat ein Zeichen setzen sollen. Die Völker der Welt schauen auf diese Stadt, 30 Staatsleute kommen zu den Feiern - aber die Berliner haben keine Zeit, müssen arbeiten wie immer. Und in den Schulen geht’s auch zu wie immer. Ansonsten steht alles im Stau. Das ist ungerecht und unhistorisch. Freiheit für Berlin! Die Freiheit zu feiern. Gerade hier, wo die Einheit begann.

Wenigstens die Laster hätten draußen bleiben können.

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