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Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) fühlte sich von einem Kamerateam des RBB überfallen. Daraufhin intervenierte sein Sprecher.

© dpa

Korrektur am Schneidetisch: Platzecks Sprecher intervenierte beim RBB - mit Erfolg

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat einen TV-Beitrag nach einer Beschwerde des Potsdamer Regierungssprechers geändert. Der Sender sieht keine politische Einflussnahme. Doch CDU und Grüne wollen den Vorfall im Landtag diskutieren.

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Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hat einen Fernsehbeitrag über die geplatzte Eröffnung des Großflughafens BER nach einer Intervention aus der brandenburgischen Staatskanzlei umgeschnitten. Einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ bestätigte der RBB am Sonntag auf Nachfrage des Tagesspiegels. Es sei zutreffend, dass der umstrittene Beitrag nach einem Anruf des brandenburgischen Regierungssprechers Thomas Braune geändert worden sei.

Der Sender habe sich allerdings keinerlei Zensur unterworfen. „Es wurde kein unliebsames Material aus der Welt geschafft“, sagte RBB-Sprecher Justus Demmer am Sonntag dem Tagesspiegel. Er verwies darauf, beide Fassungen seien über die RBB-Internetmediathek abrufbar gewesen.

Regierungssprecher Braune hatte sich nach Schilderung des Senders im Mai 2012 bei RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein offiziell über den Umgang eines Reporters mit dem Ministerpräsidenten beschwert. Demnach bemängelte der Regierungssprecher damals, dass der Reporter bei dem fraglichen Termin bereits eine halbe Stunde mit ihm zusammengesessen habe, ohne den Wunsch zu äußern, mit Platzeck zu reden. Als der Ministerpräsident dann kam, sei er von dem Reporter und dessen Kamerateam „gestellt“ worden. Braune habe gesagt, dieses Verhalten sei nicht angemessen gewesen, aber nicht gefordert, den Beitrag zu kippen. Singelnstein habe sich daraufhin entschlossen, den TV-Beitrag umschneiden zu lassen. Dabei wurde eine Szene herausgenommen, in der Platzeck unwirsch auf das Kamerateam reagiert. Regierungssprecher Braune war bislang nicht für den Tagesspiegel erreichbar.

Singelnsteins Entscheidung zur Änderung löste damals unter den RBB-Redakteuren eine heftige Debatte aus. Nachträglich äußerte sich der RBB-Chefredakteur nun im „Spiegel“ ebenfalls zurückhaltender: Er könne durchaus einige Argumente der Kollegen verstehen, die auf eine unveränderte Ausstrahlung gedrängt hätten. Bei der senderinternen Diskussion prallten zwei Einschätzungen aufeinander. Ein Teil der Redakteure stellte sich auf den Standpunkt, Platzeck hätte erkennen müssen, dass es sich um ein Kamerateam handelte, und sich den Fragen zum BER stellen müssen. Dagegen argumentierten Singelnstein und andere, Platzeck sei für Fragen zum Flughafen unter normalen Bedingungen durchaus erreichbar, man müsse also für den Zuschauer nicht den Eindruck erwecken, ihn extra stellen zu müssen. Grundsätzlich gehe der RBB „mit offenem Visier auf die Leute zu“, sagte RBB-Sprecher Demmer. Es gebe aber auch Situationen, die eine härtere Recherche erforderten. „Aber ob das so eine Situation war, darüber kann man trefflich streiten. Und dies ist ja auch geschehen.“ Insgesamt sei das jedoch keine Frage der politischen Einflussnahme, sondern es gehe darum, wie man mit einem Interviewpartner umgehe.

Der Reporter, bei dem es sich um einen freien Mitarbeiter handelt, ist nicht mehr für die Flughafenberichterstattung des RBB-Fernsehens zuständig. Für den Sender ist das Thema abgeschlossen. „Der Fall ist ein Jahr alt, die Diskussionen im Redakteursausschuss und in der Redaktion haben stattgefunden, sogar mehrfach“, sagte Demmer. Auf die Berichterstattung des RBB über den Großflughafen oder die brandenburgische Regierungsarbeit hat sich der Vorfall nach Senderangaben nicht ausgewirkt. „In der BER-Berichterstattung müssen wir uns nicht vorwerfen lassen, den Landesregierungen in Potsdam und Berlin nach dem Mund zu reden“, sagte der RBB-Sprecher. „Ich sehe das weder als Beleg für eine politische Einflussnahme noch als Ausgangspunkt für die Vermutung, dies fände hier immer wieder statt.“

Kritik kommt allerdings von der politischen Opposition in Potsdam. „Gerade für einen öffentlich-rechtlichen Sender müssen besonders strenge Maßstäbe gelten“, sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion im brandenburgischen Landtag, Dieter Dombrowski, dem Tagesspiegel. „CSU-Sprecher Strepp musste im vergangenen Jahr zurücktreten, weil er versuchte, Einfluss auf das ZDF zu nehmen – aber der eigentliche Skandal ist, dass der RBB so reagiert hat.“ Nach Strepps Intervention hatte es eine Debatte darüber gegeben, inwieweit vor allem öffentlich-rechtliche Sender Einflüssen aus der Politik ausgesetzt sind und wie sie sich diesen widersetzen können. In den Aufsichtsgremien der Sender sitzen auch Parteivertreter.

Auch der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel, hat Fragen. Er kündigte an, dass seine Fraktion den Vorgang im Landtag zur Sprache bringen werde. „ Die Brandenburger SPD hatte sich schon mit der Entsendung ihres Generalsekretärs Klaus Ness in den Rundfunkrat unnötig angreifbar gemacht“, sagte er: „Die jetzt bekannt gewordene Intervention des Regierungssprechers zeigt allerdings, dass auch in der Staatskanzlei das nötige kritische Bewusstsein für die Trennung von Politik und Medien fehlt.“

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