zum Hauptinhalt
Beim Geld hört die Freundschaft auf - das zeigt sich auch beim Zoff um den Klunkerkranich

©  Kai-Uwe Heinrich

Szenetreff in Berlin-Neukölln: Krach um den "Klunkerkranich"

Der Klunkerkranich auf dem Parkdeck der Neukölln Arcaden ist einer der angesagtesten Freiluftorte Berlins. Doch die Gründer sind heillos zerstritten.

Ein Drink im Dachgarten bei lauschiger Musik, während am Horizont die Sonne malerisch untergeht, weit über den Dächern Neuköllns – Großstadtidyll par excellence. Kein Wunder, dass der Klunkerkranich auf dem obersten Parkdeck der Neukölln Arcaden seit Eröffnung im Juli 2013 der Renner unter Berlinern wie Touristen ist. Schon Monate vor dem Start hatte ein kleines Team mit unzähligen freiwilligen Helfern Holzplanken auf dem Boden verlegt, die Bar gezimmert und den urbanen Kräutergarten in Beeten und Kübeln angelegt. Gemeinschaft, Freundschaft, alternative Wohlfühlstimmung – dafür steht der Klunkerkranich auch heute noch, trotz langer Schlangen vor dem Eingang und des mittlerweile eingeführten Eintrittspreises. Doch das Idyll ist gar keins, wie sich jetzt herausstellt: Die drei Gründer sind hoffnungslos zerstritten, man sieht sich nur noch zu Gerichtsterminen. Was ist da los?

Die einstige "Wahlfamilie" trifft sich vor Gericht

Seine einstige „Wahlfamilie“ wolle ihm „seinen Laden“ wegnehmen, schrieb Dorian Mazurek, der eine Teil des Gründerteams, im August auf Facebook. „Dorian hat sich von Anfang an nicht an Absprachen gehalten, eine Zusammenarbeit mit ihm ist einfach nicht möglich“, sagt Robin Schellenberg, der zusammen mit Dorle Martinek die andere Partei bildet, am Telefon. Es geht um vieles: Geld, Vertrauen, eine inzwischen 100-köpfige Mitarbeiterschar und nicht zuletzt um die Zukunft des Szeneladens, der sich nie nur als Bar, sondern immer auch als gemeinschaftliches Kulturprojekt verstand.

Im Mittelpunkt des Streits steht die Frage: Wem gehört der Klunkerkranich? Dorian Mazurek, Organisator von Open-Air-Partys und ehemaliger Betreiber des Clubs „Wysiwyg“, behauptet, gleichberechtigter Gesellschafter zu sein. Angeblich steht das auch so im ersten Mietvertrag und sämtlichen Genehmigungen. Doch der alte Mietvertrag ist inzwischen ausgelaufen und eine schriftliche Vereinbarung mit den beiden anderen Gründern hat es nie gegeben.

War das öffentlich zelebrierte Idyll nur Show?

Laut Robin Schellenberg und Dorle Martinek, die auch das „Fuchs und Elster“ in der Weserstraße betreiben, kam es nicht zum gemeinsamen Gesellschaftervertrag, weil man sich nicht über die wesentlichen Punkte der Gesellschaftsgründung einigen konnte. „Außerdem stellte sich erst nach und nach heraus, dass Dorian eine Rolle als Gesellschafter gar nicht erfüllen konnte, weil er nicht kreditwürdig war.“

Also haben Schellenberg und Martinek den Klunkerkranich mit der schon bestehenden Martinek & Schellenberg GbR aufgebaut. Die Streitigkeiten um versäumte Absprachen haben also schon vor Eröffnung des Betriebs angefangen. „Wir hatten das Gefühl, das Projekt sei von Anfang an vergiftet“, sagt Schellenberg. Vor dem Hintergrund erscheint es beinahe zynisch, dass sich das Team schon zu Beginn als freundschaftlich-familiäres Kollektiv präsentierte, auch filmisch festgehalten in der Klunkerkranich-Doku „Du musst dein Ändern leben“. Alles nur Show? Mazurek hatte schon 2009 die Idee, auf dem zufällig von ihm entdeckten ungenutzten Parkdeck einen Kulturdachgarten zu eröffnen. Er kümmerte sich um Mietvertrag und Genehmigungen. Mit Martinek und Schellenberg fand er die geeigneten Partner. Doch als es um Papierkram und feste Vereinbarungen ging, begann das freundschaftliche Verhältnis zu bröckeln. Mittlerweile sind die Fronten ganz verhärtet. Ob die damals mündlich getroffene Vereinbarung ausreicht, um Dorian Mazurek als Mitgesellschafter auszuweisen, klärt jetzt das Gericht. Laut einem Bericht „Zitty“ geht es um sechsstellige Summen, die die eine Partei der anderen auszahlen müsse. Immerhin fährt der Klunkerkranich jährlich schätzungsweise 100 000 Euro Gewinn ein.

Es geht um viel Geld - und um die Zukunft der Bar

Für Mazurek, der telefonisch für den Tagesspiegel nicht erreichbar ist, sind seine Kollegen Abzocker, das macht er auf Facebook mehr als deutlich. Diese Auslegung ist auch einfach: Schellenberg, 30, war mal Headhunter und Martinek, 42, hat als Lehrerin gearbeitet, bevor sie gemeinsam das „Fuchs und Elster“ eröffneten, ebenfalls eine beliebte Adresse unter Neuköllner Bargängern. Schellenberg findet diese Schwarz-Weiß-Darstellung ungerecht. Der Klunkerkranich laufe zwar gut, aber auch nur in der Sommersaison bei gutem Wetter. Zudem müsse man die Mitarbeiter bezahlen und für neue Investitionen und Technik aufkommen. Es geht ihm und seiner Partnerin um viel mehr als nur ums Geld: „Das Projekt ist inzwischen größer als wir. Wir haben ein riesiges Team, Menschen, die uns von Anfang an unterstützt haben. Da ist etwas Großartiges gewachsen.“ Das drohe nun kaputtzugehen. Schellenberg empfindet die Äußerungen Mazureks, der schon seit Anfang des Jahres nicht mehr am aktiven Klunkerkranich-Geschehen beteiligt ist, als Hetze: „Wir werden als geldgeile Arschlöcher dargestellt. Der Ton macht uns fertig.“

Unterdessen läuft der Betrieb im Klunkerkranich weiter. Am 3. Oktober startete mit dem sonntäglichen Klunkermarkt das Herbstprogramm, im Januar und Februar ist Winterpause. Ob zur Saison 2016 die Streitigkeiten geklärt werden können? Und wenn ja, mit welchem Ausgang? „Wir möchten, dass alle Parteien erhobenen Hauptes da rausgehen können“, sagt Schellenberg. Der nächste Gerichtstermin steht noch nicht fest.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false