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Berlin: Kreuzberg am Rande des Burger-Kriegs

Geplantes Mc Donald’s-Restaurant weckt die Widerstandsreflexe im Kiez Die Schüler des benachbarten Oberstufenzentrums sehen es gelassener

Der Mann im schwarzen T-Shirt will seinen Namen nicht nennen. Das, was er zu sagen hat, sagt man besser anonym. „Der Kiez brodelt“, sagt er. Und spricht eine unmissverständliche Drohung aus: „Mc Donald’s soll hier mal ruhig bauen, die werden schon sehen, wie lange das Restaurant steht.“ Dass in der Wrangelstraße eine Filiale der umstrittenen Fast-Food- Kette entstehen soll, weiß jeder in Kreuzberg. Obwohl der Baustelle nichts anzusehen ist: Am blickdichten Bauzaun hängt nur ein Schild, das auf Bewachung hinweist – der Name des Bauherrn ist gut versteckt. Hinterm Zaun sitzen zwei Wachmänner. Sie rauchen und trinken Tee. Mindestens einer der beiden ist kein Mc Donald’s-Fan: „Erst kommen die Kinder wegen der Plastikfiguren, und später haben sie selber eine schlechte Figur.“ Nur wer es an den beiden vorbeischafft, bekommt das auf Baustellen obligatorische Schild zu sehen: „Bauherr: Mc Donald’s GmbH, München“.

Sabine Oepen-Arsan will den Münchnern das Fürchten lehren. Die arbeitslose 51-Jährige mit der großen Joop-Brille möchte „den Protest aus dem Kiez organisieren“. Auch sie droht: „Es gibt im Kiez Leute, die warten nur darauf, dass der Laden steht.“ Dann gebe es eine neue Angriffsfläche. Hinter ihr fährt betont langsam ein VW Bus vorbei, ein junger Mann streckt seinen Mittelfinger in Richtung Mc Donald’s: „Scheiß Amis“, brüllt er aus dem Fenster.

Gegenüber des Mc Donald’s-Bauplatzes ist das Oberstufenzentrum „Handel 1“ (OSZ), eine Fachschule für kaufmännische Berufe. Dort steht man Mc Donald’s mit gemischten Gefühlen gegenüber. Wirtschaftslehrer Cem Elit, 33, macht sich Sorgen: „Wir haben hier ohnehin schon einige zu dicke Schüler.“ Selbst die Salate seien bei McDonald’s wegen des Dressings extrem fetthaltig. „Direkt vor einer Schule – das muss nicht sein“, meint der Lehrer. Hinter der Kritik der Schule stecke vor allem Angst vor schwindendem Umsatz in der schuleigenen Mensa, vermutet Schüler Patrick Trübner. Der 23-Jährige hat kein Problem mit Mc Donald’s, „ab und zu“ werde er dort sicher essen gehen.

Selbst der Küchenchef der Mensa, Babul Syed, 47, findet „alles nur halb so schlimm“. Er mache extrem gutes Essen und koche außerdem nur hochwertige Gerichte. „Die Schüler schätzen das. Außerdem werden wohl kaum alle jeden Tag zu Mc Donald’s gehen“, glaubt er. In seiner Mensa gibt es Vollkornbrötchen und -baguettes, aber auch – wie im Fast-Food-Restaurant gegenüber – Pommes mit Mayo und Ketchup. Schülerin Julia Scholz, 24, hat sich für vegetarisch gefüllte Zucchini entschieden. Das Essen in der Mensa sei sehr gut, bestätigt sie. Dennoch ist sie sich sicher, dass fast alle Mitschüler in Zukunft gegenüber essen werden: „Bei Mc Donald’s gibt’s für den gleichen Preis noch Getränk und Pommes zum Burger dazu.“ „Außerdem“, ergänzt ihr Freund Florian Schröder, 22, „ist Mc Donald’s einfach ein Knaller“.

Johannes Boie

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