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Mehr Einbrüche zur WM und in den Sommerferien? Das glauben Berliner Schlüsseldienste. Statistisch lässt sich diese Vermutung nicht erhärten.

© dpa

Kriminalität in Berlin: Einbrecher nutzen Ferienzeit und Public Viewing

90 Prozent der Einbrüche finden statt, wenn die Bewohner nicht zu Hause sind. Inzwischen arbeiten Einbrecher hoch professionell und spähen die Leute aus, bevor sie zuschlagen.

Dass die Sommerferien Mitte der Woche beginnen, mögen die einen an bereits abwesenden Arbeitskollegen bemerken, die anderen an ihren hibbeligen Kindern. Wieder andere an mehr Arbeit. Die Neuköllner Alles für Sicherheit Schlüsseldienst GmbH wird derzeit häufiger gerufen, um aufgebrochene Schlösser auszuwechseln. „Es wird mehr eingebrochen“, heißt es auch bei der Kettritz Schlüsselfunddienst & Sicherheitstechnik in Prenzlauer Berg. Das sei kein neues Phänomen.

Auch der Verband deutscher Schlüsseldienste spricht von „Erfahrungswerten“ und einem „Gefühl“ im Zusammenhang mit vermehrten Einbrüchen zur Ferienzeit. „Es ist Wahnsinn, wie professionell mittlerweile die Einbrecher arbeiten“, sagt Vorstandsmitglied Jan Grüntjes. „Sie spähen die Leute aus und warten darauf zuzuschlagen.“

Täuschungsmanöver gegen Wohnungseinbrüche

Das passiert vor allem, wenn niemand zuhause ist. Etwa 90 Prozent aller Einbrüche in Wohnungen und Büros in Deutschland finden nämlich genau dann statt, hat die Initiative für aktiven Einbruchschutz "Nicht bei mir!" herausgefunden. Der Zusammenschluss von den Verbänden der Sicherheitswirtschaft und der Polizei rät deshalb zu Vorkehrungsmaßnahmen, die man auch als Täuschungsmanöver bezeichnen könnte: Die potenziellen Täter sollen nämlich denken, dass die Bewohner gar nicht ausgeflogen sind.

Ganz so extrem wie im Film Kevin allein zuhause, in dem der Hauptdarsteller mit menschgroßen Pappfiguren eine Party nachstellt, um Einbrecher abzuhalten, müsse es nicht sein, sagt Tobias Enke von der Initiative lachend. Man solle aber darauf achten, dass der Briefkasten regelmäßig geleert würde. „Außerdem sollte man in den Sozialen Medien nicht kundtun, dass man in den Urlaub fährt“, rät Enke.

Die Initiative empfiehlt zudem, sichtbare Adressschildchen an Urlaubskoffern zu vermeiden, da Einbrecher auch auf Bahnhöfen und Flughäfen nach geeigneten Opfern suchen würden. Ein Anrufbeantworter kann auch zum Verhängnis werden, wenn Kriminelle mit Kontrollanrufen herausbekommen möchten, ob jemand zuhause ist. Zeitschaltuhren, nach welchen die Rollläden an den Fenstern auf- und abgelassen werden, seien auch wichtig, sagt Enke. Solche zeitgesteuerten Automatismen empfiehlt die Initiative auch, um „stundenweise Räume zu erleuchten und so Anwesenheit vorzutäuschen“. Die Stadt Berlin legt darüber hinaus Urlaubern nahe, über Bewegungsmelder gesteuerte Lichter an Balkons und in Gärten zu installieren.

Polizei zählt keine besonderen Steigerungen in den Sommerferien

Das ist insbesondere von Oktober bis März nötig. Dann sind Einbrecher in Berlin nämlich besonders aktiv, wie Polizeisprecherin Heidi Vogt sagt. Zwar finden über ein Drittel aller Einbrüche zur Tageszeit, am frühen Abend oder an den Wochenenden statt. Aber in den „dunklen Monaten“ ist das Licht auch tagsüber schummrig genug, um unauffällig in eine Wohnung einzusteigen. Dagegen komme es zu Ferienzeiten oder kurz danach nicht vermehrt zu Einbrüchen, sagt Vogt. Die Polizeistatistiker können nach ihren Angaben keine signifikanten Veränderungen nachweisen.

Ob während der WM-Spiele besonders häufig eingebrochen würde, könne man auch nicht sagen, so Vogt. So genau werde das nicht erfasst. Beim Schlüsseldienst Kettritz geht man aber davon aus, dass die Public Viewings Arbeit bescheren werden. „Das Deutschlandspiel werden manche Einbrecher ausnutzen.“

In der weiteren Perspektive sind Veränderungen bei den Einbruchszahlen jedoch zu erkennen. In Berlin stieg die Zahl der Wohnungseinbrüche von 2005 bis 2012 kontinuierlich an - mit einer Ausnahme 2010, dem Jahr, als die Berliner Polizei sich auf dieses Delikt konzentrierte, die Öffentlichkeitsarbeit forcierte und Schwerpunkteinsätze fuhr. Im vergangenen Jahr erfasste die Polizei in Berlin 11566 Wohnraumeinbruchdiebstähle und damit 5,9% weniger als im Vorjahr.

Aufklärungsquote bleibt bei Einbrüchen niedrig

Eigentlich ein positives Zeichen. Doch zwei Wermutstropfen gibt es: Die Einbrüche in Einfamilienhäuser nahmen von 2012 auf 2013 leicht zu. Die Polizei konnte lediglich 839 Fälle lösen . Die Aufklärungsquote beträgt damit 7,3%. Sie ist nur halb so hoch wie im Jahr 2006.

„Die Einbrecher gehen mittlerweile professionell vorgehen - fast wie ein Schlüsseldienst“, heißt es beim Schlüsseldienst Berlin. Vortäuschen, dass man noch zuhause ist, reicht da häufig nicht mehr. Die Zentralstelle für Prävention beim Landeskriminalamt rät daher zu technischen Absicherungen. Dazu gehören beispielsweise einbruchshemmende Türen oder auch die klassische Überwachungskamera.

Sollte jemand aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung, seiner Tätigkeit oder seines Eigentums besonders im Visier der Einbrecher stehen, kann er sich von der Berliner Polizei eine „Überfall- und Einbruchmeldeanlagen mit Anschluss an die Polizei“ genehmigen lassen. Die alarmieren bei einem Einbruch direkt die Beamten.

Wenn Sie in den Urlaub fahren und sich vor Einbrüchen schützen wollen, finden Sie HIER eine Checkliste mit den wichtigsten Vorkehrungen.

Vinzenz Greiner

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