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Wer hält jetzt die Fahne hoch? Nach dem Brandbrief der Landeswahlleiterin ist im Senat hektische Betriebsamkeit ausgebrochen.

© picture alliance / dpa

Gefährdete Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus: Krisentreffen zur Wahl bringt noch keinen Durchbruch

Für Michael Müller steht fest: "Die Wahlen sind gewährleistet". Die CDU-Spitze ärgert sich über das Verhalten von Innensenator Henkel und fragt sich, „wo ist der Frank?“ .

Von Sabine Beikler

Eine gute Stunde dauerte am Dienstag morgen um 7 Uhr das Krisentreffen zur „Sicherstellung der Wahlen“ in der Innenverwaltung. Für Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) steht fest: „Die Wahlen sind gewährleistet." Müller betonte die Probleme mit der Hard- und Software in einigen Bezirken seien kein flächendeckendes Problem.

Man werde „punktuell gegensteuern". Staatssekretär Bernd Krömer sagte nach einem Krisentreffen, es gebe immer Probleme mit neuer Software. „Da muss nachjustiert werden." Drei Bezirke – Reinickendorf, Treptow-Köpenick und Mitte – hätten eine „extrem veraltete Software“. Krömer referierte, dass es sich vorrangig um „Druckerprobleme“ handle. 9000 Euro will man nun als „Hilfestellung“ den Bezirken geben, damit diese je drei moderne Drucker anschaffen können. Und dann ist wieder alles gut? Weit gefehlt.

Hinter den Soft- und Hardware-Problemen verbirgt sich ein anderes Problem von großen Teilen der CDU-Spitze: Es ist ihr Spitzenkandidat und der politisch für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahlen zuständige Innensenator Frank Henkel. Der CDU-Politiker ist seit Sonnabend erkrankt, kuriert sich zuhause aus und hat sich am Dienstag erstmals zu Berlin-Wahl geäußert.

„Wo ist der Frank“

Die Kritik an Henkel ist ungewöhnlich scharf. Er hätte es „gar nicht so weit kommen lassen dürfen“, dass es solche Probleme bei den Wahlvorbereitungen gebe und die Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach erst einen Brandbrief an Henkels Staatssekretäre habe schreiben müssen. Henkel sei jetzt „abgetaucht“, argwöhnen andere CDU-Spitzenleute. Trotz Krankheit hätte er den zuständigen Staatssekretär Andreas Statzkowski aus dem Urlaub zurückholen und diesen zusammen mit seinem anderen Staatssekretär Bernd Krömer zu sich nach Hause zitieren müssen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Zur Not hätte er im Bademantel da gesessen“, ergänzte ein CDU- Spitzenmann verärgert. Man sei im Wahlkampf und könne es sich nicht leisten, tagelang im Ticker zu lesen, dass die Wahlen in Berlin gefährdet seien.

Es ist nicht das erste Mal, dass die CDU-Spitze sich über das Verhalten von Frank Henkel ärgert. „Wo ist der Frank“, lautet häufig die Frage unter Christdemokraten – in Erwartung, dass sich der Parteichef Henkel zu politisch brisanten Themen äußert. Die Debatte über seine vielen Dienstreisen konterte Henkel mit Verweis auf sein Bürgermeisteramt.

Henkel gibt Garantie für Wahl

Er vertrete das Land Berlin. „Das gehört zu meinen Aufgaben. Es ist absurd, mir hier Lustreisen zu unterstellen“, hat er dem Tagesspiegel gesagt. Trotzdem erwarten Parteifreunde, dass Henkel häufiger eigene politische Akzente setzt, sich aktiv in Debatten einmischt und wesentlich entscheidungsfreudiger ist. Die CDU setzt auf einen kurzen Wahlkampf mit ihrem Spitzenkandidaten. Erst Mitte Juli wird das Wahlprogramm verabschiedet. Und einige CDU-Leute unken, dass Henkel schon jetzt aufgegeben habe.

Frank Henkel.
Frank Henkel.

© Britta Pedersen/dpa

Henkels Sprecher sagen, dass der Innensenator sehr wohl „von seinem Krankenbett aus regiert“. Es sei nicht erforderlich, Statzkowski aus dem Urlaub zu holen. Krömer koordiniere die Abstimmung zwischen Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach und den anderen Behörden „im Auftrag des Senators zentral aus einer Hand“.

Henkel erklärte am Dienstag, es werde eine rechtssichere Wahl am 18. September 2016 geben. „Ich gebe gern eine Garantie dafür ab, auch wenn es absurd ist, dass diese jetzt politisch eingefordert wird.“ Michaelis-Merzbach habe „zu Recht“ auf Punkte hingewiesen, die noch zu lösen seien. Nach dem Treffen von Krömer mit Michaelis-Merzbach, Ines Fiedler, Leiterin des IT-Dienstleistungszentrum Berlin, sowie Klaudia Zurth, die kommissarische Leiterin des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) sei „vieles auf einem guten Weg“. Wirklich?

Experten äußern sich skeptisch

Experten in den Behörden äußern sich skeptisch, ob die Probleme mit der unterschiedlichen Hardware in den Bezirken und die daraus folgenden Software-Probleme tatsächlich zufriedenstellend gelöst werden können. Ein Mitarbeiter eines Bürgeramtes erzählt dem Tagesspiegel, dass man „solch ein Chaos und solch ein ungenügend funktionierendes Programm“ noch nie erlebt habe. Es habe bis Mai gedauert, bis die neue Meldesoftware „VOIS“ annähernd problemlos lief. Die Software sei nicht unter „realen Arbeitsbedingungen“ in einem Bürgeramt getestet worden, sondern „mit Modellfällen“ im Labo. Für die Mitarbeiter habe es nur eine zweitägige Schulung für das neue Programm gegeben. Die „Ausrede“, es läge an der unterschiedlichen Technik in den Bezirken, ziehe nicht mehr.

Das Labo hat inzwischen ein neues Software-Update durchgeführt. „Es gibt deutliche Beschleunigungen beim Ausdrucken“, sagte Krömer. Er schließt nicht aus, dass es noch eine landesweite „Testwahl“ gebe. Das wäre dann die dritte. Am Freitag trifft sich Krömer unter anderem mit Vertretern der Software- Firma. Kommende Woche will sich Krömer mit Vertretern der Bezirks-Wahlämter zusammensetzen. Henkels Staatssekretär sekundiert: „Wir sind auf guten Weg.“

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