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Das Tacheles: wieder nicht versteigert.

© dapd

Update

Kunsthaus Tacheles: "Hinterzimmer-Deal" schockiert Künstler

Die für Montag angesetzte Zwangsversteigerung des Berliner Kunsthauses Tacheles ist kurzfristig abgesagt worden. Die Tacheles-Künstler befürchten einen Deal der HSH-Nordbank mit dem Hamburger Investor Harm Müller-Spreer. Die Bank wollte dies nicht bestätigen.

Das Fax traf am Montag um 9 Uhr 26 im Amtsgericht Mitte ein, fast auf den Punkt genau eine Stunde vor dem Beginn der Zwangsversteigerung des Tacheles-Areals. In dem Schreiben wurden die Aufhebung des Termins und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Absender war die HSH–Nordbank, die die Zwangsversteigerung beantragt hatte. Das Areal, das Gutachter auf einen Wert von rund 30 Millionen Euro geschätzt hatten, ist mit mehr als doppelt so vielen Schulden belastet. Und der größte Teil dieses Geldes hatte die HSH-Nordbank einer Grundstücksgesellschaft geliehen.

Für die etwa 40 Künstler, die mit Gemälden in der Hand, roten Pappnasen im Gesicht und Protestschildern auf Stirn und Mund in die Littenstraße gekommen waren, war das eine schlechte Nachricht. „Es ist ganz so, wie wir befürchtet haben“, sagte der frühere Vorstand des inzwischen insolventen Künstler-Vereins, Martin Reiter. Die Bank habe einen „Hinterzimmer-Deal gemacht“, vermutet er. Als Drahtzieher bezeichnet er den Hamburger Kaufmann Harm Müller-Spreer. „Künstler-Kollegen“ nennt Reiter ihn auch, weil Müller-Spreer Auftritte genieße – an diesem frühen Morgen war er mit seiner Limousine im Schritttempo am Amtsgericht vorbei gefahren.

Harm Müller-Spreer hatte bereits vor etwa zwei Jahren mit dem gescheiterten Investor über einen Erwerb des Tacheles-Areals verhandelt, wie er dem Tagesspiegel damals bestätigte. Doch es kam zu keiner Einigung. Besitzer des Grundstücks war eine Gesellschaft aus dem Einflussbereich von Anno August Jagdfeld. Der Unternehmer hat in Berlin das Hotel Adlon und das Quartier 206 der Friedrichstadtpassagen errichtet. Die Ruine des ehemaligen Wertheim-Kaufhauses hatte er in den 90er Jahren erworben. Sogar eine Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Quartiers zwischen Oranienburger, Friedrichsstraße und Johannesstraße gab es schon. Doch dass Großprojekt wurde nie realisiert.

Die Sprecherin der HSH-Nordbank Gesine Dähn sagte auf Anfrage, die Nachfrage nach dem Grundstück sei groß. Die einstweilige Einstellung des Verfahrens sei erfolgt, weil man die Verhandlungen mit mehreren Bietinteressenten nicht rechtzeitig abschließen konnte. Zu der Zwangsversteigerung werde es aber bald noch kommen. Die Namen der Interessenten wollte sich nicht verraten. Müller-Spreer hat in Berlin ein Bürohaus für den Konzern SAP errichtet und das Spree-Dreieck an der Friedrichstraße. Das Grundstück hatte er vom Land Berlin gegen die Ablösung von Restitutionsansprüche bekommen. Durch die Abwälzung von Risiken auf das Land bescherte das Geschäft dem Land einen Millionenschaden. Auch der Bauherr des Leipziger Platzes, Harald G. Huth, wird als möglicher Tacheles-Interessent gehandelt.

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