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Berlin: La-Belle-Prozess: Mutmaßliche Attentäter verurteilen Terror

Bislang saß Yasser Chraidi schweigend im Saal 700 des Berliner Landgerichts. 270 Verhandlungstage lang.

Bislang saß Yasser Chraidi schweigend im Saal 700 des Berliner Landgerichts. 270 Verhandlungstage lang. Gestern aber ergriff er, der als Hauptangeklagter im Prozess um den Bombenanschlag auf die Diskothek "La Belle" gilt, überraschend das Wort. "Der Terrorakt, der in Amerika ausgeübt wurde, ist eine feige Aktion", sagte er. "Verdammt sollen diejenigen sein, die Urheber sind." Ähnlich äußerte sich der ebenfalls wegen Mordes angeklagte Ali Chanaa. Er verurteile die Anschläge in den USA "auf das Schärfste" und trauere gemeinsam mit den Amerikanern um die Opfer, sagte er.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Umfrage: Haben Sie Angst vor den Folgen des Attentats? Fotos: Die Ereignisse seit dem 11. September in Bildern Chronologie: Die Anschlagserie gegen die USA Osama bin Laden: Amerikas Staatsfeind Nummer 1 gilt als der Hauptverdächtige War es ein aufrichtiges Bedauern? Oder reine Taktik? Schließlich befindet sich der seit fast vier Jahren laufende La-Belle-Prozess in der Schlussphase. Es wird mit einem Urteil noch in diesem Jahr gerechnet. Aus Sicht von Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis jedenfalls sind die Bekundungen der beiden Palästinenser nicht ernstzunehmen. "Peinlich", nannte er die Erklärungen. "Weil letztlich Anschläge wie auf La Belle den Boden für New York bereitet haben", begründete der Ankläger. Drei Menschen starben und mehr als 200 Personen wurden zum Teil schwer verletzt, als am 5. April 1986 in der vor allem bei US-Soldaten beliebten Diskothek "La Belle" eine Bombe detonierte. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wurde der Anschlag im Auftrag des libyschen Geheimdienstes verübt. Das Attentat galt als Reaktion Libyens auf die Versenkung libyscher Kriegsschiffe durch US-Kampfflugzeuge. Als Vergeltung für den Berliner Anschlag hatte die US-Luftwaffe 1986 Angriffe gegen Ziele in Libyen geflogen.

Neben Chraidi und Chanaa müssen sich ein Libyer und zwei deutsche Schwestern als mutmaßliche Beteiligte des La-Belle-Anschlages verantworten. Der 42-jährige Chraidi war laut Anklage für den libyschen Geheimdienst tätig und mit der Organisation des Attentats beauftragt. Chanaa hatte in seinem Teilgeständnis vor dem Landgericht ausgesagt, Chraidi habe den Sprengstoff besorgt. Auch der Libyer Musbah Abulgasem Eter, der seine umfangreichen Angaben im Ermittlungsverfahren im Prozess zunächst widerrufen hatte, bestätigte schließlich Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und bezeichnete Libyen als Urheber des Anschlags.

Ohne auch nur ein einziges Wort über den Terror zu verlieren, für den er mitverantwortlich sein soll, erklärte Chraidi nun zu den Anschlägen in New York und Washington: "Gott habe Gnade mit denjenigen, die Opfer wurden." Und: "Alle Weltreligionen lehnen solche Aktionen ab." Chanaa sprach von einem "verheerenden Terroranschlag". Es sei ihm "ein Bedürfnis, meine Betroffenheit und Trauer über die vielen Opfer zum Ausdruck zu bringen". Er, der den Zünder für die Bombe auf das Friedenauer Tanzlokal eingebaut haben soll, zog anders als Chraidi einen Bogen zum Berliner Prozess. "Auch in diesem Verfahren geht es um einen Anschlag. Ich hoffe, dass überall die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden."

Zur Entscheidung über ihn und die anderen mutmaßlichen La-Belle-Attentäter wird es voraussichtlich in absehbarer Zeit kommen. Die Staatsanwaltschaft hat ihr Plädoyer bereits fertig.

Kerstin Gehrke

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