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Berlin: Land verkauft 15 000 Wohnungen – nach der Wahl

Städtische Wohnungsbaugesellschaft Mitte will 750 Millionen Euro erlösen. CDU und Grüne werfen Senat „Betrug“ vor

Diese Pläne sollten eigentlich geheim bleiben: Kurz nach der Wahl beginnt der große Ausverkauf von Immobilien bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Makulatur wäre damit das Wahlversprechen der PDS, wonach es keine weitreichende Privatisierung landeseigener Wohnungsbestände geben wird. Auch die SPD-Fraktion hatte einen Verkaufsstopp für öffentliche Wohnungen gefordert. Doch nun sind sogar Insider überrascht vom Ausmaß des Ausverkaufs bei der WBM: Deren Wirtschaftsplanung rechnet allein im kommenden Jahr mit Einnahmen in Höhe von 570 Millionen Euro durch Verkäufe – bis 2010 sollen es 750 Millionen werden.

Dem Senat sind diese Pläne bekannt. Die Verwaltungen für Finanzen und für Stadtentwicklung sitzen im Aufsichtsrat der WBM. Das Kontrollgremium muss der Wirtschaftsplanung zustimmen. Und die Planung enthält noch eine weitere bittere Pille für das Land: Berlin soll der Firma außerdem noch mit Millionen aushelfen, weil der Ausverkauf nicht reichen wird, um die WBM wieder auf Kurs zu bringen. „Sanierungsbeiträge des Gesellschafters“ nennen das die Wirtschaftsprüfer der WBM, die Domus Revision.

In dem Papier der Prüfer, das dem Tagesspiegel vorliegt, summieren sich die „Sanierungsbeiträge“ des Landes auf über 54 Millionen Euro bis zum Jahr 2010. Die WBM bestätigte dies auf Anfrage, wobei aber nicht die gesamte Summe einen „Zuschuss oder Verzicht des Landes Berlin darstellt“. Die Wirtschaftsprüfer dagegen schreiben, das Land „verzichte“ auf „Kaufpreismehrerlöse aus Sanierungsgrundstücken“. Auch Zahlungen an die landeseigene Investitionsbank Berlin sollen wegfallen. Diese Sanierungsbeiträge sind aber bisher noch nicht mit dem Land abgestimmt, schreiben die Prüfer.

Arne Schneider, Büroleiter von Finanzsenator Thilo Sarrazin, sagte: „Wir gehen weiterhin davon aus, dass die WBM durch den bereits beschlossenen Verkauf von 3000 Wohneinheiten ihr Sanierungsziel erreicht.“ Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es, „dass nicht mehr als 15 000 Wohnungen verkauft werden müssen zur Sanierung der WBM“, so Manuela Damianakis. Die bei ersten Verkäufen erzielten Preise seien hoch gewesen. Rund 28 000 Wohnungen hatte die WBM Ende 2005 im eigenen Bestand. Ziel des Sanierungsplans sei die Erhaltung der WBM als Gesellschaft.

„Das läuft praktisch auf die Liquidierung der WBM hinaus“, sagt dagegen Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen zu den Plänen. Wenn erst einmal Wohnungen im Wert von rund 750 Millionen Euro verkauft seien, bleibe von der WBM nicht viel übrig. Esser wirft PDS und SPD „Wahlbetrug“ vor: Der Senat habe stets beteuert, keine weiteren landeseigenen Wohnungen verkaufen zu wollen. „Der Kurs des Senats ist unzumutbar für Mieter, Geschäftsführer und Mitarbeiter der WBM“, sagt Alexander Kaczmarek (CDU). Im Aufsichtsrat stimme der Senat Wohnungsverkäufen zu, bestreite dies aber öffentlich. Im Abgeordnetenhaus hatte der finanzpolitische Sprecher der CDU dem Senat eine förmliche „Anfrage“ zur WBM-Sanierung gestellt, eine Antwort erhielt er bis heute nicht. Seine Erklärung: „Das Ding sollte nicht vor der Wahl hochgehen.“

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