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Landesimmobilien: Berlin zu verkaufen

Die letzten großen Objekte aus Landesbesitz werden vermarktet.

Vor wenigen Tagen haben Kaufinteressenten aus der Schweiz das einstige Strafgericht und Gefängnis an der Kantstraße 79 besucht. Sie prüfen, ob sich das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Baudenkmal als Hotel eignet. Abgesehen von ein paar Büros des bezirklichen Grundstücksamts steht es seit 1985 leer. Doch jetzt kommt die Vermarktung in Fahrt: Der Liegenschaftsfonds will die Justizbauten vom 5. bis 7. Oktober auf der internationalen Immobilienmesse „Expo Real“ in München präsentieren – zusammen mit weiteren „Highlights“ aus dem Bestand.

Solche großen Objekte machen aber nur noch einen geringen Teil der Verkaufserlöse aus Landesimmobilien aus. Das liegt zum Teil an der Wirtschaftskrise, außerdem hat der 2001 gegründete Fonds das „Tafelsilber“ schon weitgehend veräußert. Es gehe nun vor allem um Grundstücke, die für Ein- und Zweifamilienhäuser geeignet seien, sagte Geschäftsführer Holger Lippmann. Im Frühjahr war der durchschnittliche Verkaufspreis auf 95 000 Euro gesunken, derzeit liegt er bei 300 000 Euro. Die Zahl der Verträge blieb im Vergleich zum Vorjahr gleich, doch der Umsatz wird für 2009 nur noch auf 140 Millionen Euro geschätzt – 100 Millionen weniger als im Rekordjahr 2008. Dazu tragen auch gescheiterte Bauprojekte wie das Messehotel auf dem Hammarskjöldplatz bei.

Zum geplanten Angebot auf der „Expo Real“ zählen auch das ehemalige Städtische Krankenhaus Charlottenburg, ein Mediaspree-Gelände an der Schillingbrücke in Friedrichshain, eine ehemalige Schule in Mitte und ein vom bezirklichen Grünflächenamt geräumtes Areal an der Fischerhüttenstraße in Zehlendorf. Letzteres wäre laut Lippmann „geeignet für hochwertiges Wohnen“. Dasselbe gelte für vier Parzellen auf der Havelinsel Schwanenwerder, wo Stadtvillen „in einer der exklusivsten Lagen Berlins“ entstehen könnten – aus baurechtlichen Gründen aber nur mit zwei Etagen. Je 1,5 bis zwei Millionen Euro sollen die Parzellen kosten. Ein Anwohnerverein um Ex-Polizeipräsident Georg Schertz protestiert gegen die Bebauung der Grünflächen, doch die Würfel scheinen gefallen.

Bei acht Grundstücken in Treptow-Köpenick und Neukölln wirbt der Liegenschaftsfonds jetzt mit der Nähe zum künftigen Großflughafen BBI. Manche Immobilien, für die sich im Bieterverfahren kein Käufer fand, werden zum Festpreis angeboten. Firmen informieren sich vor allem auf den Internetseiten des Fonds. Privatleuten seien diese aber kaum bekannt, sagt Lippmann. Daher werbe man nun auch in Bürgerämtern und im Internet.

Das Gefängnis an der Kantstraße scheint nur für wenige Nutzungen geeignet – zumal noch offen ist, wie detailgenau die Denkmalschutzbehörden das Innere bewahren wollen. Für ein Hotel müssten die engen Zellen vergrößert werden. Außerdem hat das Haus eine düstere Vergangenheit: In der Nazizeit waren dort Frauen aus dem Widerstand inhaftiert, bevor sie in KZ kamen oder in Plötzensee hingerichtet wurden.

Dass die Umwandlung von Justizgebäuden gelingen kann, zeigt sich am Lietzensee: Das alte Kammer- und Reichskriegsgericht, vor Jahren vom Bund verkauft, beherbergt heute Luxuswohnungen. CD

Landesimmobilien im Internet:

www.liegenschaftsfonds-berlin.de

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