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Abgeordnetenhaus: Die wohltemperierte Koalition

Bei der Debatte ums Klimaschutzgesetz verspricht Rot-Rot Transparenz. Oppositionspolitiker kritisieren, dass ein Jahr nach dem ersten Entwurf noch keine Diskussionsvorlage vorliege.

Wer wissen wollte, ob die seit Monaten anhaltende Debatte zu dem noch längst nicht spruchreifen Klimaschutzgesetz inzwischen das Koalitionsklima verdorben hat, bekam am Donnerstag im Parlament die Antwort. Als der FDP-Umweltexperte Henner Schmidt ins Plenum rief, die Umweltsenatorin sei „innerhalb der Koalition isoliert“, strich Innensenator Ehrhart Körting (SPD) seiner Regierungsbanknachbarin Katrin Lompscher (Linke) tröstend über den Rücken. Und in der eigentlichen Debatte illustrierte SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz, dass zwischen Rot und Rot kein Blatt Papier passt. Wobei der Schulterschluss ja Reibung keineswegs ausschließt; im Gegenteil.

Der exakte Titel der von der FDP beantragten Aktuellen Stunde lautete: „Rot-rotes Chaos: Immer wieder unabgestimmte Entwürfe zum Klimaschutzgesetz in der Öffentlichkeit – wann bindet die Umweltsenatorin endlich die Verbände und den Koalitionspartner ein?“ Der Liberale Schmidt monierte, dass es auch ein Jahr nach dem ersten Entwurf immer noch keine offizielle Diskussionsvorlage fürs Abgeordnetenhaus gebe; „das sollte sich das Parlament nicht bieten lassen“. Stattdessen kursierten inoffizielle Wasserstandsmeldungen, die hohe Kosten für Mieter und Eigentümer bei wenig Klimaschutzeffekt befürchten ließen. Der CDU-Abgeordnete Carsten Wilke sprach angesichts des regen Buschfunks zum Thema von „reinem Dilettantismus“ und rechnete vor, dass nach aktuellem Informationsstand das Gesetz frühestens 2011 in Kraft trete, also wegen der geplanten Vorlaufzeiten erst 2016 die ersten Aktivitäten von Hausbesitzern auslösen werde – und es deshalb mit der fürs Jahr 2020 in Aussicht gestellten vollen Wirkung arg knapp werden dürfte.

„Habe ich Sie richtig verstanden, dass die Fristen kürzer gefasst sein sollten?“, fragte SPD-Mann Buchholz halb ungläubig und halb süffisant zurück. Wilke erwiderte, er habe nur auf die Konstruktionsfehler des Entwurfes hinweisen wollen.

Der Grüne Michael Schäfer nahm sich in einer leidenschaftlichen Rede den Inhalt des Entwurfes vor. Die geplanten Ausnahmen – etwa für mit Fernwärme beheizte Gebäude, für Gasetagenheizungen und für Denkmale – würden rund drei Viertel des Gebäudebestandes von vornherein verschonen. Diese Prognose wiederum zweifelte Buchholz an und verbat sich die „Desinformation“.

Vereint ist die Opposition in ihrer Kritik, dass das von Umweltverbänden und Mieterverein entwickelte Stufenmodell es nicht in Lompschers Entwurf geschafft hat. Den Verweis der Senatorin, mehr als ein einziger Verbrauchskennwert, der den Gebäudebestand in „Modern“ und „Energieschleuder“ teilt, sei rechtlich nicht machbar, konterten sie mit der Forderung, die Verwaltung solle externen juristischen Sachverstand einkaufen, wenn es ihr selbst daran fehle.

Lompscher ging darauf nicht ein, sondern würdigte die hochtourig geführte Diskussion als demokratisch wertvollen Akt. Und Buchholz versprach, dass man auch den nächsten Entwurf breit diskutieren lassen werde. Der soll nach Lompschers Ankündigung Mitte dieses Jahres ins Parlament gehen und weit über 2020 hinausreichen. Das könnte zumindest den Vorwurf der Kurzatmigkeit entkräften und die am Donnerstag von IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder erhobene Forderung nach Planungssicherheit erfüllen. Die IHK unterstützt auch die Koalitionsidee einer Abwrackprämie für alte Heizkessel, mahnt aber ansonsten Technologieoffenheit bei energetischen Sanierungen an. Stefan Jacobs

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