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Yasmin K.

© Doris Spiekermann-Klaas

Asylpolitik: Wenn verbotene Liebe tödlich sein kann

Einer iranischen Frau droht die Abschiebung – und in der Heimat die Steinigung. Ihre Homosexualität wird in Berlin bezweifelt und nicht als Asylgrund anerkannt.

Von Sandra Dassler

Dunkle Augenringe künden von durchwachten Nächten. Seit ihr Freunde geraten haben, sie solle nicht in ihrer Wohnung bleiben, weil man sie finden und abschieben könnte, hat Yasmin K. (Name geändert) nicht mehr geschlafen. Denn die zierliche Iranerin weiß, was sie in ihrer Heimat erwartet: Tod durch Steinigung.

Das klingt dramatisch, zumal das „Verbrechen“ von Yasmin K. lediglich ihre lesbische Lebensweise ist. Doch ihrer Anwältin Eva Lindenmaier liegt das Urteil tatsächlich vor. Danach ist Yasmin K. 2006 von einem iranischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. In Abwesenheit, sie war bereits geflüchtet.

Stockend erzählt 31-Jährige ihre Geschichte; über sexuelle Dinge zu reden, ist in ihrer Heimat absolut unüblich: Mit 14 entdeckte sie, dass sie das Nachbarmädchen liebte. Dessen Eltern zogen, als sie es bemerkten, sofort weg. Yasmins Mutter ließ ihr Tabletten verschreiben – sie sollte „normal“ werden. Später verliebte sich Yasmin K. in eine Kommilitonin. Als das bekannt wurde, flog sie von der Uni. Sie blieb ihrer Partnerin trotzdem treu – auch als sie zum Schein und um ihre Eltern zu beruhigen, einen Mann heiratete.

Im Oktober 2005 drangen Mitglieder sogenannter Revolutionskommittees, die über die Einhaltung islamischer Sitten wachen, in eine Geburtstagsfeier der Freundin von Yasmin K. ein. Alle kamen ins Gefängnis, nur Yasmin K. wurde aufgrund der Beziehungen ihres Vaters frei gelassen. „Er hat nie verstanden, warum ich anders war“, sagt Yasmin K.: „Aber er hat mich trotzdem geliebt und mir geholfen“. Sie weint. Denkt an die wochenlange Flucht über die Türkei, an die Einsamkeit der ersten Wochen in Berlin.

Sie hat so gehofft, dass sie Asyl erhält. Doch für die Behörden ist ihre Geschichte eine „Verfolgungslegende“. Begründet wird dies damit, dass die Mutter von Yasmin K. bei einer Befragung durch Beamte des Auswärtigen Amts sowohl die Homosexualität ihrer Tochter als auch die Hilfe ihres Ehemannes nach deren Verhaftung abstritt. „Das ist absurd“, sagt ihre Anwältin: „Die haben einer iranischen Frau von zwei ihr unbekannten Männern Fragen stellen lassen, deren ehrliche Beantwortung nicht nur peinlich, sondern für den Ehemann tödlich sein könnte.“

Die Anwältin hofft nun, im Rahmen des Asylverfahrens wieder einen vorläufigen Schutz zu erreichen. Dieser wurde Yasmin K. vom Berliner Verwaltungsgericht abgesprochen. Momentan, sagt die Anwältin, könnte sie tatsächlich jederzeit abgeschoben werden.

Auf Homosexualität steht im iranischen Strafgesetz die Todesstrafe. „Erst vor zwei Jahren wurden dort zwei minderjährige schwule Jungen gehängt“, sagt der Sprecher des Berliner Vereins Iranischer Flüchtlinge, Hamid Nowrazi: „Und neuerdings wird sogar wieder öffentlich hingerichtet. Auch öffentlich gesteinigt.“

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