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Berlin: Eine Stadt sieht rot

Was bedeutet das Hartz-IV-Urteil für Berlin?

Die Hartz-Gesetze sind immer gut für einen Streit zwischen Berliner Sozialdemokraten und ihren Koalitionspartnern von der Linkspartei. Das Bundesverfassungsgericht hatte kaum geurteilt, da sprach Arbeitssenatorin und Hartz-IVGegnerin Heidi Knake-Werner von der „Blamage für die Hartz-Gesetzgebung“. Sie hält die Sozialreform für eine „Zumutung für die betroffenen Menschen“. In der Hartz-Stadt Berlin mit ihren 583 688 Transferleistungsbeziehern geben sich die Sozialisten gern als Anwälte einer Bevölkerungsgruppe, die nicht nur im Osten der Stadt zu Hause ist.

Der Regierende ließ seiner Senatorin über Senatssprecher Richard Meng ausrichten, es gehe nicht um die Hartz-Gesetze, sondern um Organisationsfragen. Da gebe es keinen Grund, von einer „Zumutung“ zu sprechen. Der Streit zwischen Rot-Rot kommt bei Hartz immer wieder hoch. Wowereit hatte schon in seinem Erinnerungsbüchlein Erkenntnisse über Hartz- IV-Bezieher und deren Neigungen verbreitet, zu viel Geld für Alkohol und Zigaretten auszugeben. Da konnten einige von der Linkspartei vor Empörung kaum an sich halten. Jetzt stellt sich vor allem die Frage, welche Schlüsse in Berlin zu ziehen sind. Knake-Werner sagt, niemand müsse „Verschlechterungen fürchten“: Für die Leistungsempfänger ändere sich vorläufig gar nichts.

Allerdings sieht die Senatorin eine Chance, aus Hartz IV ein richtig schönes Sozialistengesetz zu machen: Der Bundestag solle die Regelsätze auf ein Niveau heben, „das vor Verarmung schützt“. Ein-Euro-Jobs sollten durch „Maßnahmen“ ersetzt werden, die den Weg zum ersten Arbeitsmarkt ebnen. Die Opposition hat andere Erwartungen. Es werde Zeit, die zwölf Arbeitsgemeinschaften, auch Jobcenter genannt, so zu organisieren, dass Widersprüche nicht zwei Jahre lang liegen blieben, sagt der FDP-Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann. Gregor Hoffmann (CDU) fordert „schnellere Abläufe“ bei der Auszahlung von Hilfsgeldern und bei der Vermittlung. Ramona Pop (Grüne) erwartet, dass eine Neuregelung der Zuständigkeiten den Jobcentern besseres und effizienteres Arbeiten möglich macht. Bis auf Weiteres kann man den Streit über Hartz IV auf Berliner Niveau fortsetzen: Jetzt ist ja erst mal der Bundesgesetzgeber gefragt.

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