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Berliner Senat: "Friedensangebot" soll Bank-Affäre beenden

Berlin ist bald alleiniger Besitzer aller Skandal-Fonds. Der Stadt gehören dann 40.000 Immobilien.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die skandalösen Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft Berlin, die den Steuerzahler einige Milliarden Euro kosten, könnten bald endgültig abgewickelt sein. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will dies mit einem „Friedensangebot“ beschleunigen, das sich an tausende Zeichner der Immobilienfonds richtet, die seit Jahren auf Schadensersatz klagen. Sie erhalten, je nach Fonds, zwischen 60 und 94 Prozent des eingesetzten Kapitals zurück, wenn sie ihre Klage zurückziehen und ihre Anteile verkaufen. Das Geld soll spätestens im Februar fließen. Zu den vertraulichen Verhandlungen über das Vergleichsangebot nahm die Finanzverwaltung des Senats bisher nicht Stellung.

Der Vorteil für die Anleger, von denen viele bereits 2004 vor Gericht zogen, um die großen Versprechungen aus den Fondsprospekten einzuklagen: Sie ersparen sich weitere Jahre zermürbender juristischer Auseinandersetzungen – mit ungewissem Ausgang. Zwar verweisen die Anwälte auf erfolgreiche Prospekthaftungsklagen, aber die Höhe des zugestandenen Schadensersatzes schwankt beträchtlich. Mit dem Vergleich kommen die überall in Deutschland lebenden Zeichner durchschnittlich besser weg.

Der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Schirp, der bundesweit die meisten Kläger vertritt, lobt die „gütliche Einigung“ und empfiehlt seinen Mandanten, die Offerte des Landes Berlin anzunehmen. Bis Ende November erhält jeder Anleger ein individuelles Angebot in Form eines Vertrags. Die bittere Pille: Mit Abschluss des Vergleichs werden noch Anwaltsgebühren und Gerichtskosten fällig. Die Berliner Immobilien Holding (BIH), die für den Senat die Verhandlungen führte, übernimmt diese Ausgaben nicht. Und wer seinen Fondsanteil mit einem Kredit finanzierte, muss sich um die Rückzahlung selber kümmern.

Der Vorteil des Vergleichs für die öffentliche Hand: Der Senat erspart sich Gerichtsprozesse mit einem Kostenrisiko von über 200 Millionen Euro. Außerdem könnte Berlin ab Frühjahr 2009 fast zu hundert Prozent stolzer Eigentümer aller Fonds der früheren Bankgesellschaft sein und dann wirklich freie Hand haben für den geplanten Verkauf des Immobilienpakets. Das sind über 40 000 Miet- und Gewerbeobjekte, verstreut über die gesamte Republik. Anleger, die auf eine Schadensersatzklage von vornherein verzichtet haben, können ihre Anteile schon seit drei Jahren verkaufen. Etwa 70 Prozent der Zeichner haben dies bislang getan.

Mit dem überraschenden Angebot an die Kläger, mit denen Finanzsenator Sarrazin (SPD) bislang nichts zu tun haben wollte, wird der Kreis der Verkäufer deutlich erweitert. In Zeichnerkreisen wird davon ausgegangen, dass die meisten Kläger den Vergleich annehmen. Zudem wird den unentschlossenen Fondsbesitzern, die bisher nicht vor Gericht zogen, aber auch nicht verkauften, eine zweite Chance gegeben. Sie erhalten ein neues Abfindungsangebot, auch wenn die erste Angebotsfrist abgelaufen ist. Der Senat finanziert den Deal aus der Privatisierung der Landesbank Berlin (LBB). Die Rücklage in Höhe von 4,6 Milliarden Euro ist durch die Risikoabschirmung von Fondsgarantien und den Rückkauf der Fondsanteile bald zur Hälfte aufgebraucht.

2009 soll versucht werden, sämtliche Immobilien einschließlich der landeseigenen BIH an einen Privatinvestor zu verkaufen. Bedingung: Der Käufer übernimmt komplett die restlichen Finanzrisiken. Unklar ist, ob Berlin für das Immobilienpaket mehr als einen Euro bekommt oder noch Geld drauflegen muss. Davon hängt es ab, ob am Ende ein Restbetrag aus dem Verkauf der Bankgesellschaft übrig bleibt, der dem Landeshaushalt zugute käme. Wie auch immer: Das Thema Bankgesellschaft wäre dann ausgestanden.

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