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Berliner Verfassungsgericht: Höchste Richter ins Amt gewählt

Die politische Krise um das Berliner Verfassungsgericht ist mit einem versöhnlichen Schlussakt geendet. Das Parlament akzeptierte auch eine Kandidatin der Linken.

Der Vorgang stürzte die rot-rote Koalition in eine Krise und provozierte zwischen Opposition und Regierung eine wochenlange Eiszeit. Gestern nun endete die politische Krise um das Berliner Verfassungsgericht mit einem versöhnlichen Schlussakt. Am Nachmittag vereidigten die Abgeordneten fünf neue Richter für das höchste Berliner Gericht. Darunter war auch die Rechtsanwältin Natascha Wesel, vorgeschlagen von der Linken. Sie kam mit überragender Mehrheit ins Amt und erhielt statt der erforderlichen Zweidrittelmehrheit von 93 Stimmen 133 Stimmen, sechs Abgeordnete stimmten gegen sie, neun enthielten sich.

Der letzte Personalvorschlag der Linken, Evelyn Kenzler, hatte vor zwei Monaten nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten. Danach warf die Regierung der Opposition den Bruch wichtiger Absprachen vor. Die Opposition wiederum hielt vor allem der PDS vor, nicht offensiv über politisch umstrittene, frühere Positionen Kenzlers zugunsten ehemaliger DDR-Grenzer und Stasimitarbeiter gesprochen zu haben.

Bei der gestrigen Wahl lief hingegen alles harmonisch, wenngleich die Opposition durchblicken ließ, dass man bei der Wahl einer von der Linken vorgeschlagenen Richterin generell Bauchschmerzen habe. Die behielten die meisten jedoch für sich, auch um die bereits Ende April gewählten, aber noch nicht vereidigten eigenen Richterkandidaten nicht zu gefährden. Neben Wesel wurden gestern vereidigt: Ralf Körner, Vorsitzender Richter am Landgericht, und FU-Professorin Heike Krieger (beide auf Vorschlag der CDU gewählt); Hans-Peter Rueß, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts (auf Vorschlag der SPD gewählt); Johann Müller-Gazurek, Richter am Landessozialgericht (von den Grünen vorgeschlagen).

Der Streit um die Richterposten hatte ein Schlaglicht auf ein Gericht geworfen, das sonst meist ohne großes öffentliches Aufsehen arbeitet. Dabei wird der Verfassungsgerichtshof immer wieder von Bürgern angerufen, die ihre in der Landesverfassung festgeschriebenen Rechte verletzt sehen. Um die 200 Verfahren haben die neun Richter unter Leitung ihrer Präsidentin Margret Diwell und ihres Vizepräsidenten Michael Hund pro Jahr zu behandeln. Einmal im Monat treffen sie sich zur nichtöffentlichen Sitzung im repräsentativen Gebäude in der Schöneberger Elßholzstraße, in dem das Kammergericht residiert.

Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern, Beschwerden von verurteilten Straftätern oder Konflikte über strittige Medienberichte waren unter den 215 Fällen, die das Verfassungsgericht im vergangenen Jahr behandelte. So beschwerte sich unter anderem ein verurteilter Dieb dagegen, dass sein „genetischer Fingerabdruck“ gespeichert werden sollte – ohne Erfolg. Im Streit zwischen dem RBB und dem Anwalt Peter-Michael Diestel war zu entscheiden, ob eine Gegendarstellung angemessen präsentiert wurde – und gab dem RBB Recht. In einem anderen Fall beschwerte sich ein linker Aktivist dagegen, dass er zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Er hatte Plakate mit Porträts von Polizisten angefertigt und sich auf die Freiheit der Kunst berufen – der Gerichtshof wies seine Beschwerde zurück. Im Durchschnitt dauern die Verfahren neun Monate. Die jeweils für sieben Jahre gewählten Richter, die alle nebenamtlich arbeiten, erhalten eine Aufwandsentschädigung von 230 beziehungsweise 115 Euro, dazu eine Entschädigung für beendete Verfahren, im Schnitt zwischen 800 und 1000 Euro im Monat.Lars von Törne

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