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Dieser Bau steht immer im Zentrum. Eröffnet wurde das Olympiastadion 1936. Um mit der Symmetrie der strengen NS-Architektur zu brechen, wurde nach der Sanierung 2004 eine abseitsstehende, 18 Meter hohe Lichtstele auf dem Vorplatz aufgebaut (links im Bild). Die olympischen Ringe zwischen dem 36 Meter hohen Bayern- und Preußenturm hängen dort seit den Spielen. Bei der 250 Millionen Euro teuren Sanierung allerdings ist kein Stein auf dem anderen geblieben – die Podbielksi-Eiche (rechts neben dem Preußenturm) gilt übrigens als ältestes Relikt auf dem Stadiongelände. Sie stand schon vor dem Stadionbau an dieser Stelle.

© Kai-Uwe Heinrich

Bewerbung für 2024?: Olympische Gedankenspiele in Berlin

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist auch schon wieder sechs Jahre her, die Stadt könnte eine "Auffrischung" vertragen – zum Beispiel 2024. Berlins Politikspitze denkt über das größte Welt-Sportereignis nach.

Die Olympischen Spiele in London sind gerade erst vorbei, da beginnen auch schon die Paralympics. Wieder so ein Großereignis, 4200 Sportler, zwei Millionen verkaufte Tickets. In acht Tagen geht’s los.

Und die Londoner Spiele beflügeln die Fantasie der Berliner Politik: Gute Stimmung, tolle Bilder aus der Stadt, Feiern ohne Ende. Das kann und will auch Berlin. Sportsenator Frank Henkel (CDU) war selbst einige Tage in London und reist jetzt auch noch einmal zu den Paralympics, denn die Spiele haben ihn beeindruckt. So sehr sogar, dass er sagt: Berlin sei „fit“ für Olympia 2024 und „für den Fall der Fälle bereit“. Und als er gerade einmal dabei war, hob er die „hervorragende Infrastruktur“ hervor und das „sportbegeisterte Publikum“.

Nicht nur im äußeren Erscheinungsbild, auch bei der Wahl seiner Worte ähnelt Henkel seinem Chef Klaus Wowereit (SPD) immer stärker. Auch der Regierende Bürgermeister hatte Berlin schon mal für „fit“ erklärt und bereits vor einem Jahr betont, dass „Deutschland nur mit Berlin eine reelle Chance hätte“, die Spiele austragen zu können.

Nach London 2012 erneuerte auch Wowereit den Schwur: „Berlin ist an einer Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele interessiert“ – aber nur, wenn die Bewerbung eine breite, eine bundesweite Unterstützung erfahre.

Darauf reagiert der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes Michael Vesper diplomatisch: „Die Berliner Olympiabegeisterung ist groß und das hat die Deutsche Olympiamannschaft auch von London aus wahrgenommen“, sagt er auf Anfrage. Der Sportbund freue sich über das Berliner Interesse an der Austragung der Spiele. Die „entscheidende Frage“ sei aber, „ob wir uns für Winter oder Sommer bewerben und zu welchem Zeitpunkt“. Im September kommenden Jahres werden die Spiele für 2020 vergeben, „danach sehen wir weiter“. Warum dieses Datum so wichtig ist? Weil sich Madrid für Olympia 2020 bewirbt. Setzt sich Spaniens Hauptstadt durch, habe eine europäischen Stadt vier Jahre später nur geringe Chancen im weltweiten Wettstreit der Austragungsorte. Gut möglich also, dass Berlin sich bis 2028 fit halten muss.

Olympia in Berlin? Was Berliner davon halten

„Die Spiele wären nicht nur wegen des Imagegewinns attraktiv“, sagt der für Sport zuständige Staatssekretär der Senatsverwaltung für Inneres, Andreas Statzkowski. Denn Gelder auch von dritter Seite würden fließen – zum Beispiel für den Bau eines Olympischen Dorfes mit Wohnungen, die es sonst nicht gäbe. Zwar müsse Berlin in bestehende Sportstätten noch einmal investieren. Doch dann wären sogar einige für Olympia 2000 gebaute Hallen nutzbar – außerdem sei der Bau „provisorischer Wettkampfstätten“ zu erwägen, die sich in London gut bewährt hätten.

Dass die Stadt bereit wäre für das sportliche Großereignis ist das eine, hat sie aber auch die Kondition, die Welt davon zu überzeugen? Und vor allem: Welches Image, welche Vision hat Gewicht genug, um eine Welle der Begeisterung aufzubauen, die im harten Wettkampf der Regionen zum Ziel führt?

„Wir haben bisher keine Image-Kampagne für Berlin gebraucht, die Stadt schwimmt schon heute auf einer Welle der Massensympathie“, sagt Tourismus-Manager Burkhard Kieker. Kreativ und der Zukunft zugewandt, so werde Berlin im Ausland wahrgenommen, eine Stadt, die magnetische Anziehungskraft auf kluge kreative Köpfe ausübe – Europas jüngste Metropole, das ist Berlins Image und es passt zur olympischen Idee, findet Kieker.

Beneidet wird Berlin um seine Freiflächen, die Platz für Experimente lassen. Deshalb eilt auch dem Berliner Nachtleben ein Ruf voraus: „Stirbt ein Club, macht nebenan der nächste auf – Werden und Vergehen wie im Urwald“, sagt Kieker dazu. Und noch immer gibt es genug Spielraum, viele ungenutzte Spreegrundstücke und leere Fabrikhallen. Und zum Besonderen dieser Stadt in Deutschland zählt auch: dass auf deren Bewohner die Stereotypen des grüblerischen, fleißigen, humorlosen, untertänigen Deutschen eben nicht recht passen. Berlin ist – trotz des Wetters – das Kalifornien der Republik: kreativ und etwas chaotisch, hier spielt sich das Leben ab, vieles davon auf der Straße, wie in einem ewig währenden Sommermärchen. Die Fußball-WM – schon länger als sechs Jahre her –, das war doch eine Berliner Veranstaltung, heißt es im Ausland oft: Fanmeile, Brandenburger Tor, Stimmung, Party, diese Bilder gingen um die Welt – und das kann doch nur Berlin sein.

Die Abschlussfeier in London in Bildern

„Sehr weitsichtig“, nennt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) das Gedankenspiel Olympia 2024. Der Kreative der ersten Stunde – Ex-Berlin-Chef der Werbeagentur Scholz&Friends, Internet-Unternehmer und Finanzierer – hat schon oft ein gutes Gespür für die Halbwertzeit von Trends bewiesen. „In zwölf Jahren könnte Berlin eine Auffrischung brauchen“, sagt er. Noch sind die Spuren der Berliner Mauer, der deutschen Teilung, des Zeitalters der politischen Ideologien, ist das alles am Stadtbild abzulesen und trägt zur Faszination der Stadt bei. Hinzu kommt außerdem der Reiz dieser „maximal sich ändernden Großstadt“, deren reichhaltige Kulturlandschaft und wild wuchernde Clubszene enorme Strahlkraft hat. Dass dieser „Spirit“ im Laufe der Jahre verloren gehen kann – und die Stadt „wie Freiburg nur in Groß wird“ – , diese Gefahr bestehe aber durchaus. Ein „Schub“, wie ihn Olympia bringt, würde dem entgegenwirken.

Zurzeit sei das Image von Berlin in der Welt gut genug, um eine Bewerbung zu begründen, glaubt Heilmann – „ob aber Deutschland die Spiele bekommt, ist schwer zu sagen“. Sparpolitik und Finanzkrise spalten Europa. Auch überblicke er nicht die Entscheidungsprozesse des Internationalen Olympischen Komitees. Voraussetzung für eine Bewerbung Berlins sei aber ohnehin ein herausragendes Konzept. „Innovation und Integration“ wäre ein mögliches Leitbild. Berlin könnte zum Beispiel erstmals „Olympische Spiele und Paralympics zeitgleich austragen“; in London etwa treten die 4200 Sportler ab 29. August bei den Paralympics an – zweieinhalb Wochen nach Ende der Olympischen Spiele. Dass eine große Mehrheit der Berliner eine Bewerbung der Stadt unterstützen würde, davon ist Heilmann angesichts des guten Erfolgs von Fußball-WM 2006 und Leichtathletik-WM 2009 überzeugt.

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