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Doppelmandate: Lieber eingleisig

Vier Abgeordnete wechseln vom Land in den Bundestag. Die Irritationen in der CDU um ein Doppelmandat von Frank Steffel Steffel sind ausgeräumt.

Von Sabine Beikler

Im Bundestag wird „der ganze Mensch“ verlangt. Das hat das Bundesverfassungsgericht 1975 über die Bedeutung eines Bundestagsmandats entschieden. Vier Berliner Abgeordnete sind schon sehr auf den 27. Oktober gespannt: An diesem Tag ist um 11 Uhr die konstituierende Sitzung des 17. Deutschen Bundestags vorgesehen. Dann sind Lisa Paus (Grüne), Frank Steffel (CDU), Martin Lindner (FDP) und Stefan Liebich (Linke) Bundestagsabgeordnete. Zeitgleich sind aber alle vier noch Landtagsabgeordnete. Somit haben sie ein Doppelmandat. Dürfen sie das? Sie dürfen  und müssten sich theoretisch nicht zwischen Bundestagsmandat und einem Sitz im Berliner Abgeordnetenhaus entscheiden. Doch alle vier Politiker haben schon angekündigt, dass sie ihr Landtagsmandat aufgeben werden.

„Mit voller Kraft“ will Stefan Liebich dem Bundestag „zur Verfügung stehen“ und künftig als Linkspolitiker im Auswärtigen Ausschuss mitarbeiten. Liebich hatte sich bereits in der Plenarsitzung vergangene Woche von den Landtagsabgeordneten in einer kurzen Rede verabschiedet, anschließend in einem Brief an Parlamentspräsident Walter Momper seinen Mandatsverzicht zum Ende des Monats erklärt. Auch Grünen-Politikerin Lisa Paus wird zum Monatsende auf ihr Landtagsmandat verzichten und künftig im Bundestag im Finanzausschuss mitarbeiten. Wie die anderen neu gewählten Bundestagsabgeordneten hat auch sie schon einen vorläufigen Bundestagsausweis in der Tasche.

Nach leichten Irritationen in der CDU-Fraktion, ob der neu gewählte Bundestagsabgeordnete Frank Steffel auf sein Landtagsmandat verzichten werde, erklärte der Wirtschaftspolitiker gegenüber dem Tagesspiegel: „Ich werde zum 15. November mein Abgeordnetenhausmandat abgeben.“ Im Bundestag wolle er im Wirtschaftsausschuss arbeiten. Und als Präsident des Handball-Bundesligisten Reinickendorfer Füchse will Steffel sich zudem im Sportausschuss engagieren. Auch FDP-Politiker Martin Lindner wird sein Landtagsmandat zum 15. November abgeben. Auf welchem Fachgebiet sich der Liberale politisch engagieren will, ist noch nicht endgültig geklärt. Beide Politiker wollen sich offenbar in der nächsten Plenarsitzung am 12. November von den Berliner Abgeordneten verabschieden.

Rechtlich gesehen wäre eine Doppelmitgliedschaft in beiden Volksvertretungen zulässig. Es gibt im Landeswahlgesetz keine Unvereinbarkeitsregelung, auch nicht auf Bundesebene: „Es ist nicht verboten, aber ein Doppelmandat ist sehr unüblich“, sagte Bundestagssprecherin Eva Haacke.

Das war nicht immer so bei Berliner Politikern. Willy Brandt (SPD) hatte von 1969 bis 1971 eine Doppelmitgliedschaft in Bundestag und Berliner Landtag, ebenso 1979 CDU-Politiker Richard von Weizsäcker acht Monate lang, im selben Jahr auch Jürgen Wohlrabe (CDU). 1987 und 1991 hatte der frühere Berliner CDU-Politiker Heinrich Lummer mehrere Monate ein Doppelmandat. CDU-Politiker Jürgen Wohlrabe war sogar von Januar 1993 bis Oktober 1995 im Bundes- und im Landtag politisch tätig. Auch Diethard Schütze (CDU) genoss seit November 1994 ein knappes Jahr die Doppelmitgliedschaft, CDU-Politiker Roland Gewalt drei Monate ab Oktober 2002. In der letzten, 16. Legislaturperiode, registrierte die Bundestagsverwaltung überhaupt keine Doppelmitgliedschaften.

Finanzielle Anreize würde eine Doppelmitgliedschaft durchaus bieten. Die zu versteuernden Diäten im Bundestag in Höhe von zurzeit 7668 Euro und im Abgeordnetenhaus von 2951 Euro werden zwar miteinander verrechnet. Aber die nicht steuerpflichtigen Kostenpauschalen werden sowohl für ein Bundestags- als auch für ein Landtagsmandat bezahlt. Im Bundestag erhält ein Politiker 3868 Euro, in Berlin zurzeit 945 Euro.

Mit dem Bundestagsmandat nicht vereinbar sind laut Grundgesetz das Amt des Bundespräsidenten, die Richter am Bundesverfassungsgericht, der Wehrbeauftragte sowie diverse andere Ämter wie im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage. Auch die Mitgliedschaft in einer Landesregierung gilt mit dem Bundestagsmandat ebenso für unvereinbar wie Bundesratsmitglieder und EU-Parlamentarier. Sabine Beikler

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