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Berlins grüne Spitzenkandidatin Renate Künast.

© dpa

Grüne Spitzenkandidatin: Künast zeigt sich lernfähig

Renate Künast entwirft ihre Bildungspolitik – ohne Abschaffung der Gymnasien. Für die nächsten Wochen und Monaten kündigte sie eine Bestandsaufnahme der Probleme an den Schulen an.

Bei der Bildungspolitik liegen in Berlin schnell die Nerven blank. Das hat Renate Künast erfahren müssen, als sie vor einiger Zeit als frisch benannte bündnisgrüne Spitzenkandidatin mal eben über die Abschaffung des Gymnasiums oder die Wiederverbeamtung von Lehrern räsonierte und damit ihrer Partei eine wenig Gewinn versprechende Diskussion bescherte.

Im Wahlprogramm steht die Bildungspolitik unter der Überschrift „Lernfähiges Berlin“, und lernfähig zeigte sich auch Künast auf der Landesdelegiertenkonferenz, dem Berliner Parteitag der Grünen, auf dem das Programm für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September einstimmig beschlossen wurde. Die Zukunft des Gymnasiums, die Verbeamtungsfrage und andere schwierige Themen wie die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsschule lässt die Spitzenkandidatin am Sonntag lieber aus, als sie die Grundzüge der grünen Bildungspolitik in den Mittelpunkt der Programmdiskussion stellt. Auch den 155 Delegierten steht nicht der Sinn nach kontroversen Debatten bei diesem Thema; man setzt lieber auf Konsens.

Denn mit Bildung lässt sich bei Wählern zwar ordentlich punkten – aber auch verlieren. Zumal, wenn man sich wie die Berliner Grünen vorgenommen hat, eine Volkspartei zu werden und das Amt des Regierenden Bürgermeisters oder besser der Regierenden Bürgermeisterin für sich reklamieren möchte. „Bildungsprogramm ist Wahlprogramm“, sagt Dirk Jordan, früherer langjähriger Bildungsstadtrat von Kreuzberg.

Gleich zu Beginn ihrer Rede macht Künast daher klar, dass der Bildungsbereich der einzige Komplex sei, in dem die Grünen keine Einsparungen vorgesehen haben. Es geht schließlich um nichts Geringeres als um „die Zukunft unserer Kinder“. Eine „Stadt für alle“, wie das Motto des Wahlprogramms heißt, müsse allen Kindern eine Chance geben. Dabei hätten in Berlin sogar Kinder, die schon von Hause aus bessere Startbedingungen hätten als andere, unter den schlechten Bedingungen in den Schulen, dem Lehrermangel oder übervollen Klassen zu leiden. Diese Zustände habe die SPD zu verantworten, die seit Mitte der neunziger Jahre zuständig für die Schulpolitik ist. Ausführlich beschreibt Künast den maroden Bauzustand in vielen Schulen, spricht von bröckelndem Putz, defekten Heizungen, zugigen Klassenzimmern und Schimmel an den Wänden. Dabei müssten Schulen für die Schüler ein Ort sein, „der sicher und sauber ist“, betont sie und spricht die grundlegenden Erwartungen und Sorgen von Eltern an, die mit diesen Problemen konfrontiert werden. Auch den Lehrermangel an vielen Schulen kreidet sie der verfehlten Einstellungspolitik des rot-roten Senats an. Es müsse früher und besser geplant werden. „Wir brauchen eine Bedarfsplanung bis 2016“, sagte Künast. Außerdem müssten sich die Schulen auch für Seiteneinsteiger und mehr Migranten als Lehrer öffnen.

Künast kündigte für die nächsten Wochen und Monaten eine Bestandsaufnahme der Probleme an den Schulen an: „Wir wollen in der gesamten Stadt Hinweise sammeln.“ Wichtig ist den Grünen zudem, die Eigenverantwortung der Schulen zu stärken. Darauf weist auch die neue Landesvorsitzende Bettina Jarasch hin. Wenn eine Schule einen Weg für sich gefunden hat, mit Problemen umzugehen, dann wolle man ihr diesen Weg ermöglichen, aber „kein Rezept daraus machen“ und dieses anderen Schulen „überhelfen“.

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