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Islamunterricht: Muslime bleiben zurückhaltend

Sollte Pro Reli Erfolg haben, würde auch Islamunterricht zum regulären Lehrplan gehören. Doch anders als bei vielen Christen, bleiben die meisten Muslime skeptisch. Islamunterricht ist ein kompliziertes Unterfangen - einen zentralen Ansprechpartner gibt es nicht.

Falls der Volksentscheid von Pro Reli am 26. April Erfolg hat, würde auch der Islam zum Bestandteil des regulären Lehrplans an Berliner Schulen. Islamischer Religionsunterricht müsste dann zum Pflichtwahlfach erklärt werden. Doch anders als bei den engagierten Christen und Juden reagieren die Muslime nicht gerade überschwänglich, wenn es um den möglichen Erfolg von Pro Reli geht. In Berlin gibt es bislang nur Islamlehre als Wahlfach, erteilt von Lehrern der Islamischen Föderation und der Aleviten.

Wie bereits in anderen Bundesländern zu beobachten ist, ist ein staatlich geregelter islamischer Religionsunterricht ein schweres Unterfangen: Es bliebe die Frage offen, wer die Inhalte dieses Faches in deutscher Sprache ausarbeiten soll. Anders als etwa bei den Christen, wo die Ansprechpartner mit der katholischen und evangelischen Kirche feststehen, sind Muslime in Deutschland nicht zentral organisiert. Auch die Berliner Muslime sind in unabhängigen Einzelmoscheen oder in einem der vier großen Verbände organisiert, die zur Islamkonferenz des Bundesinnenministers gehören: der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), dem Islamrat, dem Zentralrat für Muslime und dem Verein islamischer Kulturzentren (VIKZ). Und die sind eher skeptisch, dass Pro Reli dabei helfen wird, einen gemeinsamen islamischen Religionsunterricht in Berlin zu verwirklichen.

Nur ein Vertreter der großen Verbände saß am Mittwoch während der Pressekonferenz neben dem Chef von Pro Reli, um für den Volksentscheid aus Sicht der Muslime zu werben. „Wir glauben, dass es wichtig ist, dass Schülern ein aufgeklärter Islam aus theologischer Sicht vermittelt wird“, sagt Ender Cetin von der Ditib. Wie jedoch der Unterricht gestaltet wird, wer ihn ausführt, wer als Ansprechpartner für die Politik fungieren soll, „darüber wissen wir eigentlich noch gar nichts“, sagt Cetin bedauernd. Laut Mehmet Tosun, dem Dialogbeauftragten des VIKZ, unterstützt sein Verband Pro Reli zwar theoretisch, doch setze er keine großen Hoffnungen in einen Erfolg: „Das würde den islamischen Verbänden in Berlin nicht viel bringen“, sagt er, „man muss abwarten, was auf derBundesebene weiterhin passiert.“

Die umstrittene Islamische Föderation, die zum Islamrat gehört, lehnt eine offene Unterstützung von Pro Reli bislang sogar ab – genauso wie die Alevitische Gemeinde. Die Aleviten bieten die Islamlehre als freiwilliges Wahlfach in Berlin an, die Föderation seit 2001 ebenfalls. Diese musste sich die dafür nötige Anerkennung als Religionsgemeinschaft vor Gericht erst erstreiten. „Es ist noch unklar, wie es organisatorisch weiterginge“, sagt ihr Vizepräsident Burhan Kesici. Ihm wäre es lieb gewesen, wenn die Berliner Politik vorher geklärt hätte, wie sie mit den bisherigen Religionsangeboten umgehen will.

Auch der Zentralrat für Muslime bleibt skeptisch: „Der springende Punkt wird sein, ob auch die Politik in Berlin die islamischen Verbände als Partner anerkennt“, sagt Generalsekretär Aiman Mazyek. Er ist zuversichtlich, dass die rechtlichen Hürden bald genommen wären. „Ausgehend von den guten Erfahrungen im Koordinationsrat der Muslime kann ich mir vorstellen, dass die großen Verbände gemeinsam einen islamischen Schulunterricht für Berlin zusammenstellen und den bestehenden ergänzen.“ Religion dürfe „nicht zu einem Sonderposten verkommen“.

Ferda Ataman

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