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Kandidatenkür: Grüne ziehen mit Künast und Wieland in die Bundestagswahl

Die Berliner Grünen wählten die Ex-Verbraucherschutzministerin Renate Künast und den Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland auf die ersten Plätze der Landesliste.

Von Sabine Beikler

Ohne Verzögerungen können die Berliner Grünen ihre Parteitage nicht beginnen. Die Beschlussfähigkeit war am Sonntag erst um kurz nach 14 Uhr, eineinhalb Stunden später als geplant, hergestellt: 622 der 4062 Berliner Mitglieder waren im ehemaligen Kosmos-Kino in der Karl-Marx-Allee registriert und die Mitgliederversammlung konnte beginnen. Eine Woche vor dem Bundesparteitag in Erfurt nominierten die Grünen ihre Kandidaten für die Landesliste zur Bundestagswahl 2009.

Unangefochten wurde Renate Künast auf Platz eins der Landesliste gewählt – allerdings mit einem deutlich schlechteren Ergebnis als bei der Listenaufstellung vor drei Jahren zur Bundestagswahl. Sie errang 77,5 Prozent der abgegebenen 551 Stimmen, knapp elf Prozentpunkte weniger als 2005. In einer Kampfkandidatur um Platz zwei siegte der Bundestagsabgeordnete und Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland wie erwartet schon im ersten Wahlgang gegen den Bildungspolitiker Özcan Mutlu. Wieland erhielt 58,6 Prozent der abgegebenen Stimmen, Mutlu 36 Prozent.

Auf Platz drei konnte sich dann die Berliner Wirtschaftsexpertin Lisa Paus gegen die Kulturpolitikerin Alice Ströver im ersten Wahlgang mit 53,5 Prozent der abgegebenen Stimmen durchsetzen. Nur die ersten beiden Listenplätze sichern einen Einzug in den Bundestag. Ob Platz drei ein Bundestagsmandat erhält, hängt vom Wahlergebnis ab. Bei der letzten Bundestagswahl erhielten die Berliner Grünen 13,7 Prozent – das reichte nur für die zwei Mandate über die Liste, Christian Ströbele erlangte über sein Erststimmen-Ergebnis ein Direktmandat für den Bundestag.

Künast sprach sehr offensiv in ihrer Vorstellungsrede: Sie will am 27. September nächsten Jahres das bundesweit beste Zweitstimmenergebnis in Berlin erzielen und die 13,7 Prozent toppen. „Da müssen alle mitziehen“, mahnte sie zur Geschlossenheit. Als Regierungsoption auf Bundesebene sieht Künast „rein rechnerisch“ zurzeit nur eine Ampelkoalition. Sie plädierte für größere Investitionen in die Bildung, mehr soziale Gerechtigkeit, einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie und eine grüne Politik verstärkt mit erneuerbaren Energien. Warum ihr Wahlergebnis schlechter als vor drei Jahren ausfiel, schob Künast auf eine „Mischung“ aus mehreren Faktoren. Vor drei Jahren trat sie mit einem „Amtsbonus“ als Verbraucherschutzministerin an. Die Partei hatte auch schwierige Diskussionen über den militärischen Einsatz in Afghanistan. Künast hat sich auch gestern nicht explizit für einen sofortigen Abzug ausgesprochen, sondern für einen geordneten Abzug. Am kommenden Wochenende will sich Künast mit Jürgen Trittin als das grüne Spitzenduo für die Bundestagswahl auf dem Erfurter Parteitag wählen lassen.

Mit dem klaren Wahlergebnis für die Wirtschaftspolitikerin Lisa Paus setzten sich die Linken der Partei durch. Paus zählt zum linken Flügel der Partei und wurde vor allem vom Kreuzberger Kreisverband unterstützt. Hinter ihrer Wahl verbirgt sich noch eine weitere taktische Überlegung: Sollte der Parteilinke Christian Ströbele wieder ein Direktmandat in Kreuzberg gewinnen, könnte Ströbele, der nächstes Jahr 70 Jahre alt wird, auch mitten in einer Legislaturperiode seinen Stuhl für eine Nachrückerin auf Platz drei – sollte die Kandidatin kein Mandat gewinnen – freimachen: Das wäre Lisa Paus.

Özcan Mutlu wiederum nahm seine Niederlage gegen den Innenpolitiker Wolfgang Wieland gefasst auf. „Wolfgang Wieland ist eine sehr respektvolle Person. Er soll weitermachen. Und auch ich werde weiterkämpfen“, sagte der Bildungspolitiker, der später als einziger Kandidat auf Platz vier kandidierte und 82,3 Prozent der Stimmen erhielt. Seine Wahlkampfstrategie will Mutlu jetzt ändern: „Fünf Berliner Bündnisgrüne sollen jetzt in den Bundestag – und dafür werde ich kämpfen.“

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